Wer sich jetzt nicht mit Trendforschung beschäftigt und anfängt, sich die richtige Nische zu suchen, der wird nicht überleben

Interview Partner (GP): Prof. Dipl.-Ing. Timo Leukefeld, Gründer und Inhaber

Wirtschaftsforum: Herr Leukefeld, können Sie erklären, was Sie mit dem Autarkie-Team entwickelt haben?

Timo Leukefeld: Wir haben neue Geschäftsmodelle entwickelt, die auf vernetzten energieautarken Gebäuden basieren. Unsere Pauschalmiete mit Energieflat ist eine Revolution im Wohnungsmarkt und hat alles andere auf den Kopf gestellt. Unser Konzept der Energieautarkie verwandelt Häuser von Energieverbrauchern zu Energieerzeugern, in dem sie konsequent die krisensichere Energiequelle Sonne nutzen. Dank Solarenergie versorgen sich die Häuser weitestgehend selbst mit Strom und Wärme und speisen darüber hinaus eine hauseigene Tankstelle für Elektroautos.

Wenn sie ein Haus weitestgehend autark bauen, wird klar, dass das Abrechnen der wenigen restlichen Energie teurer ist als die Energie selbst, die sie zukaufen. Deshalb wird nicht mehr abgerechnet, es gibt keine Zähler mehr am Haus, sondern der Vermieter gibt dem Mieter eine einseitige Mietgarantie von zehn Jahren, über einen Mietpreis, in dem alle Kosten für das Wohnen sowie die Kosten für Wärme, Strom und zukünftig auch E-Mobilität als Flatrate enthalten sind. Der Mieter hat damit eine Sicherheit auf den Mietpreis – egal, was im Markt passiert – und der Vermieter benötigt keine Messdienste mehr. Darüber hinaus sind die Einnahmen für den Vermieter 2 bis 3 EUR pro Quadratmeter höher als die übliche Kaltmiete.

Ein weiteres disruptives Geschäftsmodell ist die Enttechnisierung, die wir im nächsten Schritt vorgenommen haben. Wir verzichten auf sämtliche alte Haustechnik, wie die Fußbodenheizung, zentrale Lüftungsanlagen, zentrale Warmwasserbereitung, Solarthermie und Wärmepumpen, und ersetzen alles durch eine Infrarotstrahlungsheizung. Dadurch gehen die Kosten der Haustechnik massiv runter und man hat ein nahezu wartungsfreies Haus. Insgesamt haben die Gebäude also eine Top-Rendite. Außerdem bauen wir schon jetzt die Häuser, die ab 2050 Standard sein sollen.

Wirtschaftsforum: Sie sind nicht nur Energieexperte, sondern auch Zukunftsforscher. Bei ihren Geschäftsmodellen setzen Sie vor allem auf Disruption. Was ist der Hintergrund?

Timo Leukefeld: Wer sich mit Disruption beschäftigt, muss sich mit Geschichte beschäftigen. Nur Zukunft und Vergangenheit in Kombination ergibt den Weitblick für das Hier und Jetzt, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Deshalb bin ich auch immer noch bei archäologischen Ausgrabungen mit dabei. Das interessante ist, dass Disruption uralt ist. Es gibt sie schon seit Tausenden von Jahren. Wenn man das mal studiert, was damals immer zum Systemwechsel geführt hat, welche Randbedingungen, welche Erfindungen, dann liegt hier die Straße voller Ideen.

Deshalb mache ich viele Vorträge und reise zusammen mit dem MDR durch die Welt und schaue mir an, wie wir in Zukunft leben werden. So habe ich mir zum Beispiel das japanische Roboter-Hotel in Nagasaki angeschaut, wo keine Menschen mehr arbeiten oder habe gesehen, wie in Shanghai ein Hochhaus aus dem 3D-Drucker entsteht.

Wirtschaftsforum: Und was glauben Sie, wie wir in Zukunft leben werden?

Timo Leukefeld: Die These von Jeremy Rifkin gefällt mir sehr gut. Der amerikanische Zukunftsforscher und Denker spricht in seinem Buch über die Null-Grenzkosten Gesellschaft. Das ist eine tolle Erklärung für die Zukunft. In der Geschichte der Menschheit gab es noch nie so eine Effizienzsteigerung, wie wir sie jetzt erleben, beispielsweise durch die Digitalisierung, den 3D-Druck, Blockchain oder autonomes Fahren. Wenn das jetzt noch alles miteinander verknüpft wird, dann werden viele Produkte und Dienstleistungen immer billiger und wir kommen in eine Gesellschaft des Tauschens also der Sharing Economy.

In zehn Jahren wird der Preis für Solarmodule weiter sinken und die Effizienz noch so weit steigen, dass der Solarstrom nur noch 1 bis 2 Cent pro Kilowattstunde kosten wird. In Zukunft kostet die Energie also fast nichts mehr. Unser Wirtschaftssystem ist in einem epochalen Wandel begriffen, der beispiellos in der Menschheitsgeschichte ist: Eine Energieökonomie des Überflusses löst die auf Knappheit gegründete ab.

Und das ist eigentlich die These, auf der ich aufsetze. Dann lasst uns doch nahe Null-Grenzkosten-Gebäude bauen, wo die Betriebskosten der Zukunft schon zum größten Teil in der Investition drin sind. Wenn wir das richtig ausbauen, können wir in Zukunft sogar für 20 Jahre eine Pauschalmiete mit Energieflat garantieren. Etwas Besseres kann ja den Menschen nicht passieren.

Wirtschaftsforum: Also blicken Sie mit dem Autarkie-Team positiv in die Zukunft?

Timo Leukefeld: Wir haben uns im Autarkie-Team die Schlüsselfrage gestellt: „Wo ist unser Platz in dieser sich gerade neu entwickelnden Wirtschaftsordnung?“ Wer sich jetzt nicht mit Trendforschung beschäftigt und anfängt, sich die richtige Nische zu suchen, der wird nicht überleben.

Wir haben uns entschieden, dass wir in der innovativen Nische der CO2-freien, energieautarken Wohnungen bleiben. Pauschalmiete mit Energieflat in energieautarken Mehrfamilienhäusern ist ein auf allen Ebenen lukratives, gleichzeitig nachhaltig und soziales Geschäftsmodell, das die Bundesregierung ab 2050 zum Baustandard machen möchte. Der Neubau wird an Bedeutung verlieren, eine große Aufgabe wird der Altbau sein. Daran arbeiten wir aktuell intensiv, bestehende Gebäude energieautark und CO2-frei zu machen. Das Neubau-Einfamilienhaus wird mehr oder weniger verschwinden, da es solche Ressourcen verbraucht, dass wir es uns in Zukunft nicht mehr leisten können. Deshalb konzentrieren wir uns entweder auf Mehrfamilienhäuser oder Tiny Houses, die zum Beispiel auf Parkplätzen, Straßen oder in Parkhäusern stehen, da die Autos aus den Städten verschwinden werden. Mir ist es wichtig, bei den Geschäftsmodellen die Ökonomie mit der Ökologie sowie einer sozialen Komponente zu vereinen. Die energieautarken Mehrfamilienhäuser sind eine ideale Möglichkeit und eine große Chance für unser Land.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Bau

Fenster und Türen made in Germany

Interview mit Sylvia Meeth-Kainz, Geschäftsführerin der Josef Meeth Fensterfabrik GmbH & Co. KG

Fenster und Türen made in Germany

Fenster und Türen sind mehr als bloße Öffnungen in unseren Häusern – sie sind die Schnittstelle zwischen Innen und Außen, verbinden Räume mit der Welt da draußen und beeinflussen maßgeblich…

Projekte aus Liebe zur Gestaltung

Interview mit Dipl.-Ing. Johannes Klein, Geschäftsführender Gesellschafter der Kemper · Steiner & Partner Architekten GmbH

Projekte aus Liebe zur Gestaltung

Architekten sind die Visionäre unserer gebauten Umgebung, die Künstler des Raumes und die Ingenieure der Ästhetik. Durch ihre kreativen Köpfe und ihre technische Expertise formen sie unsere Städte und Landschaften,…

Modulare Effizienz vom Rohbau bis zum Hochbau

Interview mit Hauke Lattmann, Geschäftsführer der HABAU Deutschland GmbH

Modulare Effizienz vom Rohbau bis zum Hochbau

Seit seiner Gründung hat sich HABAU Deutschland mit Sitz in Heringen als ein führender Akteur in der deutschen Bauindustrie etabliert. Seine Geschichte ist geprägt von Innovation, Qualität und einem starken…

Spannendes aus der Region Landkreis Mittelsachsen

„Als Umschlagplatz ist der Railport unschlagbar!“

Interview mit Tommy Bauer, Prokurist der Bauer Spedition GmbH

„Als Umschlagplatz ist der Railport unschlagbar!“

In der modernen Logistik kommt intermodalen Lösungen eine stets größere Bedeutung zu. Flexible Systeme, die unterschiedliche Verkehrsträger miteinander verbinden, sind die Zukunft. Vor diesem Hintergrund ist die Bauer Spedition GmbH…

Von Beginn an nachhaltig

Interview mit Dipl.-Ing. Jörg Bredemeyer, Geschäftsführer der Schmietex Engineering GmbH

Von Beginn an nachhaltig

Nachhaltigkeit ist das Thema unserer Zeit, aber für die Schmietex Engineering GmbH ist das gelebter Alltag: Seit über 25 Jahren überholt das Unternehmen Malimo-Nähwirkmaschinen, arbeitet sie auf und verkauft sie…

Spezialist für Präzision in Spritzguss und Prüftechnik

Interview mit Dr. Andreas Ebert, Geschäftsführer der WESKO GmbH

Spezialist für Präzision in Spritzguss und Prüftechnik

Ihren Anspruch als Komplettanbieter trägt die WESKO GmbH ‘buchstäblich’ im Namen: WErkzeug- und Formenbau, Spritzguss und KOmponentenbau – diese Dienstleistungen bietet das Unternehmen mit Sitz im erzgebirgischen Stollberg aus einer…

Das könnte Sie auch interessieren

Klima und Energie lenken

Interview mit Tobias Dollberg, Geschäftsführender Gesellschafter der energielenker Unternehmensgruppe

Klima und Energie lenken

Klimaschutz ist kein Schlagwort – für viele Menschen ist er Lebensaufgabe und Bestimmung zugleich: Die energielenker Unternehmensgruppe ist Partner für Institutionen und Unternehmen, damit diese effizienter, wirtschaftlicher und nachhaltiger agieren…

Modulare Effizienz vom Rohbau bis zum Hochbau

Interview mit Hauke Lattmann, Geschäftsführer der HABAU Deutschland GmbH

Modulare Effizienz vom Rohbau bis zum Hochbau

Seit seiner Gründung hat sich HABAU Deutschland mit Sitz in Heringen als ein führender Akteur in der deutschen Bauindustrie etabliert. Seine Geschichte ist geprägt von Innovation, Qualität und einem starken…

Nachhaltig. Langlebig. Swiss-made. Ein Schweizer ist Profi für Dämmung mit Holzwolle.

Interview mit Philipp Huber Geschäftsführer der Dietrich Isol AG

Nachhaltig. Langlebig. Swiss-made. Ein Schweizer ist Profi für Dämmung mit Holzwolle.

Der Klimawandel mit unberechenbaren Temperaturen. Energiekosten, die die Wirtschaft in Atem halten. Und ein Wettlauf darum, den CO2-Abdruck gerade im wichtigen Gebäudesektor durch zeitgemäße Dämmung möglichst gering zu halten. Die…

TOP