Wenn Tradition auf Leidenschaft trifft

Interview mit Martin Steinhauser, Geschäftsführer der Steinhauser GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Steinhauser, die Steinhauser GmbH ist ein traditionsreiches Familienunternehmen, das eng mit der Bodenseeregion verbunden ist. Welche besonderen Meilensteine spiegeln dies wider?

Martin Steinhauser: Das Unternehmen wurde 1828 in Kressbronn am Bodensee gegründet. Es gab hier wie früher üblich eine kleine Landwirtschaft sowie eine kleine Brennerei. Die Original-Brennerei befindet sich jetzt im 1993 erbauten Betrieb. Wein spielte immer eine Rolle. Mein Ururgroßvater war ein Küfer, stellte also Weinfässer her; zudem hatte die Familie eine eigene Rebanlage. Als 1962/63 aufgrund der extremen Kälte der gesamte Bodensee zufror, markierte das eine Zäsur für die hiesigen Winzer, die für längere Zeit nichts anbauen konnten.

Wirtschaftsforum: Wie ging es für Steinhauser weiter?

Martin Steinhauser: Mein Vater war im Außendienst und verkaufte sehr erfolgreich Schnaps; so bin ich dann in das Geschäft eingestiegen, habe 1985 mein erstes Gewerbe angemeldet und 1993 einen Neubau errichtet, um mit der Weinkellerei anzufangen. Drei Jahre später kam dann die Verschlussbrennerei dazu. Auch wenn mein Vater dafür bekannt war, die besten Obstler anzubieten, hatte ich den Wunsch, neue Akzente zu setzen, die über guten Obstler hinausgingen.

Wirtschaftsforum: Wie sahen diese Akzente aus?

Martin Steinhauser: Wir haben feinere Obstler aus regionalen Apfelsorten gebrannt, sind gewachsen und erhielten diverse Auszeichnungen. Als der Gin-Hype in Deutschland begann, waren wir 2013 einer der Ersten und kreierten den SeeGin, dessen Geschmack einzig auf den vor der Destillation eingelegten Botanicals basiert; Zucker wird gar nicht zugesetzt. 2014 haben wir den SeeGin bei der IWSC, der International Wine and Spirits Competition, in England eingereicht. Er war einer von 220 Einsendungen und wurde als bester Gin der Welt mit dem Qualitätspreis ‘Gold Outstanding’ gekürt. Ich bin deshalb mit meiner Frau und meinen Söhnen nach London gereist, um diese besondere Trophäe persönlich abzuholen. Im vergangenen Jahr erzielte auch unser Whisky namens Brigantia erneut mehrere Auszeichnungen in London.

Wirtschaftsforum: Seit wann brennt Steinhauser Whisky?

Martin Steinhauser: Die Idee, Whisky zu brennen, hatte ich schon lange. 2007 konnten wir eine Brennereianlage von 1890 erwerben, ließen sie restaurieren und destillierten 2008 unseren ersten Single Malt Whisky vom Bodensee. Der unter dem Namen ‘Brigantia’ angebotene Whisky reift in edlen Eichenholzfässern in unserem alten Whisky-Stadel – übrigens bei Kressbronner Blasmusik. Mit dem MS Schwaben Single Malt Whisky haben wir ein weiteres Highlight im Sortiment. Dieser Whisky ist fünf Jahre alt und lagert davon ein Jahr in Fässern im Bug des historischen Linienschiff ‘MS Schwaben’; durch das ständige wackeln kommt er immer wieder in Kontakt mit dem Holz, was ihm seinen außergewöhnlichen Geschmack verleiht.

Wirtschaftsforum: Die Bodenseeregion ist nicht zuletzt für hervorragenden Wein bekannt. Welche Rolle spielt heute Wein für Steinhauser?

Martin Steinhauser: Unser Sortiment besticht durch Vielfalt, für jeden Geschmack gibt es den passenden Tropfen. Klassische Rebsorten der Bodenseeregion sind Müller-Thurgau, Grauburgunder, Weißburgunder und Spätburgunder, zudem führen wir auch für die Region eher exotische Sorten wie Sauvignon Blanc und Merlot.

Wirtschaftsforum: Neben Gin, Whisky und Wein prägen natürlich klassische Obstbrände das Steinhauser-Angebot. Wodurch zeichnen sich diese aus?

Martin Steinhauser: Entscheidend für die Qualität ist zunächst das Obst. Wir verarbeiten ausschließlich ausgewähltes Obst aus der Region. Darüber hinaus spielt die Technik eine Rolle. Nach der Destillation wird der Rohbrand nochmals auf einer Feinbrandblase gebrannt. Dies garantiert einen qualitativen Obstbrand vom Bodensee. Anschließend lagern unsere Obstbrände in Edelstahltanks und Holzfässern. Auch die Art der Fässer wirkt sich auf den Geschmack aus. Der Williams lagert in Maulbeerfässern, Golden Delicious und Zwetschge in Eichenfässern, Mirabelle in Akazienfässern. Verschiedene Fässer bedeuten verschiedene Aromen. Das gilt übrigens auch für unser neuestes Produkt, den RUBO, eine Wortneuschöpfung, die sich aus RUm und BOdensee zusammensetzt. Er wird in verschiedenen Versionen wie weißer Rum, VSOP oder als Finish wie das Port Cask Finish angeboten. Nachdem Gin jahrelang im Trend lag, kommen jetzt wieder verstärkt Weinbrände und Rum.

Wirtschaftsforum: Steinhauser präsentiert sich als traditionsreiches Familienunternehmen, das Trends schnell aufgreift und erfolgreich umsetzt. In den vergangenen zwei Jahren stellte Corona Unternehmen auf eine harte Probe. Wie blicken sie heute in die Zukunft?

Martin Steinhauser: Corona hat bei uns zu einem Umsatzrückgang von etwa 30% geführt. Unser großer Vorteil ist unsere Erfahrung. Wir haben langjährige Mitarbeiter, die Spaß an der Arbeit haben und dafür sorgen, dass wir vieles anders und besser als andere machen. Wir haben unlängst in die Digitalisierung investiert, um zum Beispiel Gärverläufe genau kontrollieren zu können. Wir haben viele Produkte überarbeitet und modernisiert um, sobald die Lage es wieder zulässt, startklar zu sein.

Steinhauser Alte Bodensee Hausbrennerei & Weinkellerei
Raiffeisenstrasse 23
88079 Kressbronn am Bodensee
Deutschland
+49 7543 9397600
info(at)steinhauser-bodensee.de
www.steinhauser-bodensee.de

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