„Raumfahrt hat Potenzial, junge Leute zu begeistern“
Interview mit Dr. Marc Steckling, CEO der Tesat-Spacecom GmbH & Co. KG
Wirtschaftsforum: Herr Dr. Steckling, was macht TESAT in seiner heutigen Form aus?
Dr. Marc Steckling: TESAT ist eines der führenden Unternehmen im Bereich Satellitenkommunikation und der größte Raumfahrt-standort in Deutschland mit einem Jahresumsatz von 300 Millionen EUR. In Backnang beschäftigen wir rund 1.100 Mitarbeiter. Die Unternehmensgeschichte beginnt 1949 als AEG Fernmeldetechnik und setzt sich fort über ANT Nachrichtentechnik, Bosch Telecom und Bosch SatCom. Seit 2001 firmieren wir unter Tesat-Spacecom. Innerhalb von 20 Jahren sind wir führendes Unternehmen im Bereich der Raumfahrt geworden. Dieses Wachstum erfolgte vor allem durch Geräte, die an der Übermittlung von Rundfunksignalen über Satelliten beteiligt sind. Diesen Bereich haben wir so ausgebaut, dass wir heute Massenfertigung für die Raumfahrt machen. 2008 konnten wir mit einem deutschen und einem US-amerikanischen Satelliten beweisen, dass auch optische Kommunikation per Laser im Weltraum funktioniert.
Wirtschaftsforum: Welche Schritte waren wichtig, wenn wir in die jüngere Vergangenheit blicken?
Dr. Marc Steckling: Von 2011 bis 2018 haben wir neue Märkte erschlossen und unser Portfolio ausgebaut. Seit 2019 ist es uns, basierend auf neuen Produktentwicklungen, gelungen, nicht mehr nur in der klassischen Raumfahrt, sondern auch im New Space-Bereich ein Global Player zu werden. TESAT hat auch einen signifikanten Anteil an dem Europäischen Navigationsprogramm Galileo. Unser Anspruch ist darauf gerichtet, immer wieder neue Märkte zu erobern und als Pionier neue Technologien maßgeblich mitzuentwickeln.
Wirtschaftsforum: Haben Sie dabei ein persönliches Steckenpferd?
Dr. Marc Steckling: Ich habe Luft- und Raumfahrttechnik studiert und bin seit 21 Jahren in dieser Branche tätig. Das empfinde ich als Privileg. Die Raumfahrt ist sehr komplex und beinhaltet spannende Technologien, und sie hat viel mit Begeisterung und Faszination zu tun. Bei Vorträgen stelle ich immer wieder fest, dass sie das Potenzial hat, viele junge Leute zu begeistern. Das finde ich extrem faszinierend. Viele Menschen wären überrascht, wie viel Raumfahrt Einzug gehalten hat in unser tägliches Leben. Die Navigation im Auto oder mit dem Handy wäre ohne das europäische oder amerikanische Satellitensystem nicht möglich. Flugzeuge könnten ohne Navigation nicht in der Frequenz wie heute starten und landen. Und wenn Sie den Fernseher anschalten, findet eine Übertragung von Signalen über Telekommunikationssatelliten direkt in Ihr Wohnzimmer statt. Die gesamte Telekommunikation wäre ohne Raumfahrt nicht in dem Maß möglich, wie wir sie heute kennen.
Wirtschaftsforum: Welche neuen Entwicklungen gibt es, was Ihre Produkte angeht?
Dr. Marc Steckling: Wie in vielen anderen Hochtechnologie-Industrien gibt es auch bei uns einen Trend zur Miniaturisierung. Unser bisheriges Laserkommunikationsterminal wiegt 50 kg. Wir haben jetzt das kleinste Gerät dieser Art entwickelt und gebaut, das bereits mit einer SpaceX-Rakete ins All geschossen wurde. Es hat eine Größe von 10 mal 10 cm und wiegt 350 g. Wir wollen zudem mehr Serviceleistungen anbieten, um unsere Produkte auch im Orbit weiter betreuen zu können. Die Laserkommunikation wird in Zukunft neue Märkte eröffnen, auch unter dem Aspekt der Sicherheit.
Wirtschaftsforum: Was zeichnet Ihr Unternehmen abseits der technologischen Seite noch aus?
Dr. Marc Steckling: Eine gute Unternehmenskultur ist entscheidend dafür, dass Mitarbeiter bereit sind, eine Extrameile zu gehen. Zu den Werten, die wir leben, zählen die Zusammenarbeit im Team und die Zusammengehörigkeit, ohne die Erfolg in der Raumfahrt kaum möglich wäre, sowie extreme Kundenorientierung, Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit. Was mir auch sehr wichtig ist, ist der gegenseitige Respekt. Dazu kommen Kreativität, Innovation und Integrität.
Wirtschaftsforum: Was motiviert Sie besonders, dieses Unternehmen zu leiten?
Dr. Marc Steckling: Wenn ich abends nach Hause gehe, habe ich das Gefühl, etwas erreicht zu haben. Ich kann die Raumfahrt und die Kommunikation selbst ein Stück weiterentwickeln. Deshalb ist dies für mich die tollste Position, die ich je hatte.