Stimmgewaltige Schweizer
Interview mit Stephan Fehlmann, Senior Business Development Manager der Spitch AG
Wirtschaftsforum: Herr Fehlmann, Spitch ist ‚Driven by voice‘ heißt es. Was steckt hinter diesem Claim?
Stephan Fehlmann: Wir beschäftigen uns seit der Gründung mit Sprachsystemen für Unternehmen und Behörden, die zum Beispiel in Call- und Contact-Centern zum Einsatz kommen. Dahinter steckt die Idee, mit Hilfe der Stimme Kunden zu identifizieren, sie besser zu verstehen, zu betreuen und zufriedener zu stellen. Dabei arbeiten wir mit hochmodernen Technologien wie Spoken Language Technology, Automatic Speech Recognition oder Sprachbiometrie.
Wirtschaftsforum: Wie kann man sich das genau vorstellen?
Stephan Fehlmann: Banken nutzen die Stimmerkennung zur Identifizierung ihrer Kunden. Diese werden zunächst gefragt, ob sie an dieser Technologie teilhaben möchten. Stimmen sie zu, wird bei einem ersten Gespräch ein Sprachabdruck erstellt, der zwischen 500 und 1.000 Kontaktwörter beinhaltet, die abgelegt und gesichert werden; sie zu kopieren ist ausgeschlossen. Schon bei einem zweiten Gespräch profitiert der Kunde von der Stimmerkennung. Das System macht einen automatischen Abgleich, der Kunde wird verifiziert – deutlich schneller als bei anderen üblichen Verfahren, bei denen beispielsweise das Geburtsdatum abgefragt wird. Kunden werden dank Spracherkennung schneller an die richtigen Ansprechpartner weitergeleitet, selbst Maschinen können Abläufe und Prozesse steuern. Beispielhaft ist das Sperren einer Kreditkarte oder die Stornierung einer Karte. Das lästige Tastendrücken entfällt komplett ebenso die Beantwortung von Sicherheitsfragen.
Wirtschaftsforum: Spitch beschäftigt sich seit der Gründung vor fünf Jahren mit Spracherkennungssystemen. Wie haben sich die Produkte und das Unternehmen selbst im Laufe der Zeit entwickelt?
Stefan Fehlmann: Als Schweizer Unternehmer haben wir es mit einem sehr speziellen Markt mit besonderen Anforderungen zu tun. Ein großes Thema ist das der Dialekte. Wir waren die Ersten, die sich der Problematik konstruktiv gestellt und intelligente Lösungen entwickelt haben, die auch Dialekte berücksichtigen. Inzwischen gibt es englische, französische und italienische Versionen. Mit den Produkten ist auch das Unternehmen gewachsen. Spitch hat heute 40 Mitarbeiter, 15 sind in Zürich tätig, der Rest an unseren Standorten in Mailand und Großbritannien. Zudem kümmert sich in Deutschland ein Team um den dortigen Markt.
Wirtschaftsforum: Die Schweiz gilt als eher konservativer Markt. Wie sind die innovativen Lösungen aufgenommen worden? Auch in Hinblick auf Sicherheitsaspekte?
Stephan Fehlmann: Wir haben anfänglich zwar eine gewisse Skepsis gespürt, die Akzeptanz unserer Produkte ist jedoch konstant gestiegen. Das liegt auch daran, dass wir das Thema Datenschutz und -sicherung sehr ernst nehmen. Unsere Software läuft auf bankeigenen Servern, statt in einer Cloud; Daten verlassen die Bank also nicht.
Wirtschaftsforum: Gibt es konkrete Pläne, wie es in Zukunft mit den Systemen weitergehen soll?
Stephan Fehlmann: Sämtliche Produkte wurden hier entwickelt und programmiert, können an Kundenanforderungen angepasst werden. Wir bieten Lizenzen, Cloud- oder SaaS-Lösungen, bestimmte Ausdrücke oder Wortwahlen können problemlos integriert werden. Dank künstlicher Intelligenz lernt das System kontinuierlich dazu. Auch wenn wir heute schon sehr weit fortgeschritten sind, birgt die Spracherkennung noch riesiges Potenzial. Wir werden uns künftig stärker auf Omnichannel-Lösungen konzentrieren, also verschiedene Kommunikationskanäle zusammenführen. Unser Vorteil ist, dass wir im Bereich der Spracherkennung die Texterkennung integriert haben. Umgekehrt kann ein Anbieter von Texterkennung nicht ohne Weiteres die Spracherkennung integrieren. Damit haben wir einen klaren Vorsprung, den wir weiter ausbauen werden.