Der Ferrari unter den Pinzetten
Interview mit Fides Baldesberger, Geschäftsführerin der Outils Rubis SA
Wirtschaftsforum: Frau Baldesberger, 2021 feierte Ihr Unternehmen sein 60-jähriges Bestehen. Über die Jahrzehnte hat sich gerade auch in Ihrem Produktsortiment viel verändert.
Fides Baldesberger: Als Outils Rubis 1961 gegründet wurde, hat sich unser Unternehmen noch überhaupt nicht mit Kosmetikprodukten beschäftigt. Stattdessen hatte man sich damals auf die Entwicklung und Herstellung von Präzisionspinzetten für die Schweizer Uhrenindustrie spezialisiert. Unsere Produkte wurden damals hauptsächlich eingesetzt, um Rubine in die Uhrwerk einzusetzen – daher stammt auch der Name unseres Unternehmens.
Wirtschaftsforum: Mit der Quarzkrise in den 1970er-Jahren folgte dann auch der erste Paradigmenwechsel für Outils Rubis.
Fides Baldesberger: Die damals starke Veränderung im Uhrenmarkt hat uns jedenfalls zu unserer ersten größeren Diversifizierungsstrategie veranlasst, die angesichts unseres Know-how bei Präzisionspinzetten auch naheliegend war: So konnten wir uns in den 1980er-Jahren im Silicon Valley und in Asien interessante Märkte in der Belieferung der Halbleiter- und Computerchip-Industrie erschließen – auch dort bestand schließlich ein großer Bedarf an Präzisionsinstrumenten.
Wirtschaftsforum: Trotzdem folgte schon bald darauf die nächste Trendwende, die Ihr Unternehmen wohl am nachhaltigsten geprägt hat: der Eintritt in die Kosmetikbranche. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?
Fides Baldesberger: Damit unsere Produkte nicht mehr so leicht von anderen Anbietern kopiert werden konnten, die ihre Marktanteile eher durch ihren günstigen Verkaufspreis als durch hohe Qualitätsansprüche erzielten, wollten wir uns einen Brand aufbauen, dessen Designs wir schützen lassen konnten und der zudem bei den Endkunden durch einen hohen Wiedererkennungswert und ein unbedingtes Qualitätsversprechen für eine entsprechende Loyalität sorgen sollte. Zudem waren wir von der Qualität der Pinzetten, die es damals für Kosmetikanwendungen auf dem Markt gab, nicht überzeugt und wussten, dass wir bessere Produkte herstellen und anbieten konnten.
Wirtschaftsforum: Was zeichnet die Hochwertigkeit Ihrer Pinzetten im Vergleich zu Konkurrenzprodukten aus?
Fides Baldesberger: Auch in der Kosmetikindustrie setzen wir auf Professional Items. Natürlich gibt es selbst in diesem Marktsegment Kopien, die auf den ersten Blick ähnlich wie unsere hochwertigen Produkte aussehen. Doch sobald man genauer hinsieht, erkennt man die deutlichen Unterschiede: Diese beginnen schon beim Material. Wir setzen konsequent auf säurebeständigen, rostfreien und antimagnetischen Chirurgenstahl, der sich auch über Jahre hinweg nicht verformt, sondern in seiner Elastizität konstant bleibt. Genauso wichtig ist höchste Präzision: Unsere Spitzen müssen über ihre ganze Fläche komplett schließen – und das erfordert ein großes Know-how bei den Mitarbeitern in unserer Manufaktur.
Wirtschaftsforum: Heute werden Ihre Pinzetten von der Zeitschrift Vogue angepriesen, bekannte Make-up-Artists wie Bobbi Brown haben Ihre Produkte einmal als den Ferrari unter den Pinzetten bezeichnet. Wie wichtig sind diese Multiplikatoren?
Fides Baldesberger: Sie machen in jedem Fall deutlich, dass wir unseren Ansprüchen gerecht werden und unsere hochwertigen Produkte gerade auch bei den Persönlichkeiten Anklang finden, die aufgrund ihrer eigenen Tätigkeit tiefgreifende Kenntnisse der Materie und des Kosmetikmarktes haben. Natürlich erfüllen mich diese Erwähnungen auch immer wieder mit großem Stolz auf die Geschichte unseres Unternehmens.
Wirtschaftsforum: Gleichzeitig betont Outils Rubis in seinem Markenauftritt in aller Deutlichkeit seinen Standort. Wäre Ihr Unternehmen außerhalb der Schweiz in dieser Form überhaupt denkbar?
Fides Baldesberger: Wahrscheinlich nicht, denn die Schweizer Mentalität und insbesondere typische Schweizer Werte wie Qualitätsbewusstsein und Präzision spielen bis heute eine sehr große Rolle bei uns. Noch dazu liegen unsere Anfänge in der Uhrenindustrie – und eine für unser Land typischere Branche kann man sich wohl nicht vorstellen. Ohne diesen ursprünglichen Anstoß gäbe es mit Sicherheit auch heute unsere Pinzetten und anderen Kosmetikprodukte nicht.
Wirtschaftsforum: Von der Uhrenindustrie über die Hochtechnologie bis hin zur Kosmetikbranche verlief Ihre Unternehmensgeschichte sehr vielfältig. Wartet da nicht schon die nächste Branche auf Ihr Engagement?
Fides Baldesberger: Die Wahl unserer Branchen war immer getrieben vom möglichen Wissenstransfer unserer technologischen Expertise auf neue Anwendungsfelder, in denen die von uns gebotene Präzision und Qualität einen großen Nutzengewinn versprach. Eine solche Möglichkeit haben wir nun auch bei Medizinprodukten ausgemacht: Beispielsweise kommen Pinzetten in der Produktion von Medical Devices zum Einsatz. Wir freuen uns da-rauf, uns in naher Zukunft auch an dieser Stelle einzubringen.