130 Jahre Stanztechnik: Tradition in guter Balance

Interview mit Yves Beutler, Head of Account Management der Oskar Rüegg AG

„Oskar Rüegg ist ein typisches, traditionelles Schweizer KMU“, sagt Yves Beutler, Head of Account Management bei dem 1891 gegründeten Familienunternehmen. Nachdem dieses anfänglich Drahtfedern für die Textilmaschinenindustrie hergestellt hatte, verlagerte sich der Fokus aufgrund des zunehmenden Wettbewerbsdrucks gegen Ende des 20. Jahrhunderts auf die Automobilindustrie.

Das Unternehmen gründete in Bulgarien seine erste Tochtergesellschaft und betrat damit die große internationale Bühne. 2019 wurde ein dritter Produktionsstandort in Mexiko in Betrieb genommen. „Unser zentraler Standort befindet sich nach wie vor in der Schweiz. Von hier aus werden die Prozesse entwickelt und gemanagt, der Verkauf gesteuert und hier entwickeln und bauen wir auch die Werkzeuge“, erklärt Yves Beutler. Mit rund 350 Mitarbeitenden beliefert und betreut die Gruppe unter anderem weltweit namhafte Zulieferer der Automobilindustrie.

Mit Flexibilität durch die Corona-Zeit

Yves Beutler hat vor einem Jahr die Leitung des Bereichs Account Management übernommen und damit einen recht turbulenten Einstieg in das Unternehmen erlebt. „Die Corona-Pandemie hat schon einiges durcheinandergewirbelt. In dieser Zeit ist Flexibilität gefragt. Wir kämpfen mit kurzfristigen, nicht planbaren Veränderungen, kommen aber den Verhältnissen entsprechend gut durch diese Zeit. Für mich war sie auch lehrreich. Sie hat mich dazu veranlasst, sehr fokussiert einzusteigen“, sagt er. Ihm persönlich liegt besonders der strategische Ansatz, etwa im Hinblick darauf, wie die Märkte funktionieren, wohin sie sich entwickeln und wie sich das Unternehmen markt- und kundenseitig ausrichten sollte.

Stanzen und Montieren

„Wir stanzen und montieren Teile. Aber unsere eigentlichen Kernkompetenzen liegen in der Prozess- und Werkzeugentwicklung. Wir fokussieren uns derzeit außerdem auf das Supply Chain Management. Eine weitere wichtige Kompetenz wird zukünftig sein, Netzwerke mit unterschiedlichen Lieferanten aufzubauen. Denn wer alles selbst entwickeln und managen möchte, ist einfach nicht schnell genug“, betont Yves Beutler. Die wichtigsten Produkte von Oskar Rüegg sind aktuell kundenspezifische Kühlkörper und Spiegelblenden für die Frontscheinwerfer, unter anderem als indirekter Zulieferer von Tesla.

Für die Zukunft erwartet er eine Weiterentwicklung der Lichtquellen wie zum Beispiel Laser sowie die Forcierung alternativer Antriebstechnologien, was weitere Chancen bietet. „Unser Vorteil ist, dass wir nicht stark von der Antriebstechnologie abhängig sind“, sagt Yves Beutler.

Im Bereich Stanztechnik kommen die Kunden neben der Automobilindustrie vor allem aus der Medizintechnik, hier unter anderem im diagnostischen Bereich, und dem Home-Appliance-Markt. Großes Potenzial sieht er auf dem Gebiet der Fahrzeugelektronik inklusive Sensorentechnik. Im Montagebereich sind die Leistungen der Oskar Rüegg im Maschinenbau gefragt.

„Erfolgreich ist, wer Bestehendes weiterentwickelt und gleichzeitig Neues startet. Zwischen beidem muss es eine gute Balance geben.“ Yves BeutlerHead of Account Management
Yves Beutler

„Die Herausforderung liegt für uns darin, trotz dieser Vielfalt nicht den Fokus zu verlieren. Erfolgreich ist, wer Bestehendes weiterentwickelt und gleichzeitig Neues startet. Zwischen beidem muss es eine gute Balance geben. Daraus entsteht die notwendige strategische Agilität“, macht Yves Beutler deutlich.

Immer nah am Stanzen

Bei Oskar Rüegg ist das bereits in der Vergangenheit gut gelungen. „Man war bereit, sich zu verändern“, erklärt Yves Beutler. Ausschlaggebend für den Erfolg des Traditionsunternehmens seien aber auch das breite Kommitment der Eigentümer und die Entscheidung, zu internationalisieren. „Im Kern sind wir immer unseren Fähigkeiten treu und nah an der Stanztechnologie geblieben“, ergänzt er.

Die Unternehmenskultur des Schweizer Familienunternehmens beschreibt Yves Beutler als direkt und dynamisch und darauf ausgerichtet, den Mitarbeitern Spielräume für Entscheidungen zu geben. Er betont: „Wir sind anspruchsvoll im Hinblick auf unsere Leistungen intern und gegenüber unseren Kunden. Wir lieben die Herausforderungen.“

Nachhaltiges Wachstum

Für die Zukunft gehe es vor allem darum, trotz unterschiedlicher Kulturen ein gemeinsames Verständnis zu etablieren, um in der Lage zu sein, den stetigen Wandel mitzugehen sowie im speziellen den Entwicklungen in der Automobilindustrie gerecht zu werden. „Das Ziel ist, daraus Wachstum zu generieren, das aber nachhaltig und mit einer gewissen Stabilität“, so Yves Beutler.

Ein Augenmerk wird zukünftig darauf liegen, die Montagetätigkeiten für Dritte an den Standorten in Bulgarien und Mexiko weiter auszubauen. Über sich selbst sagt Yves Beutler: „Ich bin ein stolzer Vertreter der Schweizer Industrie. Zusammen mit einem Team am internationalen Wettbewerb teilzunehmen, motiviert mich sehr. Ich finde es spannend, Produkte mit Schweizer Identität weltweit auf die Märkte zu bringen.“ Entsprechend wichtig ist ihm, dass sich der Schweizer Standort als Kompetenzzentrum etabliert, sodass die ausländischen Standorte den Marktbedürfnissen entsprechend nachhaltig ausgebaut und weiterentwickelt werden können.

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