Mit Coaxial-Ventilen in die Welt der Extreme eintauchen
Interview mit Friedrich Müller, Geschäftsführender Gesellschafter der müller co-ax gmbh


Wirtschaftsforum: Herr Müller, Sie begrüßen die Besucher Ihrer Website mit den Worten: „Willkommen in der Welt der Extreme.“ Was genau ist an der müller co-ax GmbH so extrem?
Friedrich Müller: Mit Sicherheit das technische Umfeld, in dem wir uns bewegen: Unsere Coaxial-Ventile sind für den Einsatz in Tiefst- und Höchsttemperaturumgebungen sowie unter den allerhöchsten Druckstufen ausgelegt. Durch diese besondere Produkteigenschaft grenzen wir uns vollkommen von den Massenherstellern ab, und über die Jahrzehnte ist dieses Know-how zu unserer Spezialität geworden. Das ist in einem Wort eben: extrem.
Wirtschaftsforum: Dabei hat Ihr Unternehmen auch eine ganz besondere Gründungsgeschichte, bei der auch der Zufall ein wenig mitgeholfen hat.
Friedrich Müller: Mein Vater, Gottfried Müller, war eigentlich Chemiker von Beruf und half in den 1960er-Jahren oft in der kleinen Weinstube aus, die meine Großeltern damals in Bad Cannstatt betrieben haben. Dort kehrten auch regelmäßig Ingenieure aus den Daimler-Werken ein, die dann stundenlang über eines ihrer technischen Hauptprobleme sprachen: Undichtigkeiten bei bestimmten Ventilen. Meinen Vater hat diese Problemstellung nicht mehr losgelassen und daraufhin begann er mit der Entwicklung unserer Coaxial-Ventile, wobei ihn die Ingenieure aus der Weinstube ohne Unterlass ermutigten, bis er diese technische Revolution 1970 auf der Hannover Messe erstmals der breiten Öffentlichkeit präsentierte.
Wirtschaftsforum: Wie genau funktionieren Ihre Coaxial-Ventile?
Friedrich Müller: Das Grundprinzip unserer Technologie besteht in der internen Druckentlastung, wodurch es möglich wird, das Ventil innen mit nur sehr wenig Energieaufwand zum Öffnen und Schließen zu bringen. Dadurch können auch Medien unter sehr hohen Drücken bewegt werden, wobei unser Ventil klein und kompakt bleibt. Mit dieser Lösung bewegen wir uns in einem hochspezialisierten Nischenmarkt, der durch die vielen verschiedenen Anwendungsfelder unserer Technologie wiederum eine große Diversifizierung über zahlreiche Branchen hinweg ermöglicht.
Wirtschaftsforum: Wie viel von der ursprünglichen Entwicklung Ihres Vaters von vor 50 Jahren steckt noch in den heutigen Coaxial-Ventilen Ihres Unternehmens?
Friedrich Müller: Sehr viel. Das eigene Ventilprinzip, das mein Vater damals erfunden hat, ist weiterhin das Fundament all unserer Produkte, und auch in den Details hat sich vergleichsweise wenig verändert. Natürlich entwickelt sich die Technologie im Allgemeinen rasend schnell voran, die Druckstufen werden immer höher und die zu transportierenden Medien immer aggressiver, weshalb wir unsere Ventile, ausgehend vom Prinzip der Druckentlastung, stets den Anforderungen des Marktes entsprechend ergänzen und anpassen, indem wir heute verschiedene Dichtungen, Steuerrohre und Materialien von Messing bis Aluminium einsetzen.
Wirtschaftsforum: In welchen Branchen kommen Ihre Ventile heute zum Einsatz?
Friedrich Müller: Fast überall, wo im hochpreisigen Segment Medien im hohen Druckbereich bewegt werden müssen. Unser klassischer Heimatmarkt ist deshalb auch der Maschinenbau, der ein gutes Drittel unserer Geschäftstätigkeit abdeckt: So sind wir in Zulieferketten in der chemischen Industrie genauso aktiv wie in der Automobil-, Chip- und Lebensmittelbranche. Stark wachsend ist natürlich der Bereich der erneuerbaren Energien, wo wir uns sowohl bei Windkraftanlagen als auch beim Thema Wasserstoff engagieren und auch große Summen in die entsprechende Forschungs- und Entwicklungsarbeit investieren. Trotzdem sind uns die frühen Unternehmensjahre noch allgegenwärtig: Für den alten Daimler-Pullman haben wir beispielsweise das kleine Ventil MK10 für die Klimatisierung gefertigt, und noch heute kommen Bastler und Restaurateure, die einen dieser Oldtimer wieder fit machen, auf uns zu und fragen uns nach Ersatzteilen. Da helfen wir gerne weiterhin aus – schließlich gäbe es ohne die findigen Ingenieure von Daimler vielleicht heute unser Unternehmen gar nicht.
Wirtschaftsforum: Und wie machen Sie die müller co-ax GmbH fit für die Zukunft?
Friedrich Müller: Trotz mancher Veränderungen sind wir unsere ganze Unternehmensgeschichte hindurch ein Familienbetrieb geblieben, und diese Werte wollen wir auch in Zukunft unbedingt beibehalten. Wir wollen unseren Kunden und Partnern auch auf Jahre hinaus Vertrauen und Sicherheit garantieren können, weshalb auch meine 20-jährige Tochter Muriel seit September 2021 im Unternehmen tätig ist. Die nächste Generation steht also schon in den Startlöchern.