Kurzarbeit weil nichts geht, oder geht nichts wegen Kurzarbeit?

LIQUI MOLY-Geschäftsführer Ernst Prost über den Umgang der Wirtschaft mit der Coronakrise

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

klar, hat Corona reingeschlagen. Wie ein Blitz, wie eine Kanonenkugel, wie eine Bombe. Was macht man in solch einem Fall? Ich predige Gegenwehr, Aufbäumen, Kämpfen, sich mit aller Kraft gegen diese Einschläge ins Kontor wehren. Was sehe ich – nicht überall – aber doch weit verbreitet? Genau das Gegenteil. Man nimmt billigend und teilweise fatalistisch hin, was so kommt, nimmt die staatlichen Fürsorgeprogramme in Anspruch und im Anschluss an die Kurzarbeit den Jahresurlaub.

Geht nichts mehr wegen Corona? Oder geht nichts mehr wegen Kurzarbeit? Auch klar: Wenn alle alles runterfahren und in Urlaub fahren, dann geht nichts mehr. Das hat aber nur bedingt mit Corona zu tun. Handwerker erzählen mir, dass sie keine Ware bekommen, weil Werke immer noch geschlossen haben oder Kurzarbeit betreiben und sie deshalb ihre Aufträge nicht erfüllen können. Verlage jammern mir vor, dass sie keine Anzeigenaufträge mehr bekommen, aber zu erreichen ist auch keiner. Lieferanten von uns liefern nicht, weil sowieso nichts geht – deshalb fehlen uns zum Teil Rohstoffe und Verpackungsmaterialien. Da stimmt doch was nicht.

Natürlich, wenn es billiger ist, die Mannschaft in Kurzarbeit zu schicken, dadurch die Lohnkosten zu drücken und auf diesem Wege trotzdem noch halbwegs profitabel – nein, nicht zu arbeiten, sondern zu existieren – dann ist schon klar, dass man Corona als Feigenblatt benutzen muss, um die eigene Untätigkeit zu kaschieren.

Wie viele Jahre und Jahrzehnte ging es jetzt gut mit unserer Wirtschaft? Stetig bergauf, geprägt von Wachstum, Lohnzuwachs und fast schon automatisch sprudelnden Gewinnen? „Nichts ist schwerer zu ertragen, als eine Reihe von guten Tagen“ heißt es. Und noch schwerer ist es, von Erfolgen, Wohlstand und Bequemlichkeit, an die man sich sehr schnell gewöhnt, wieder auf Kämpfen, Malochen und „kleinere Brötchen backen“ umzustellen. Bei vielen Unternehmen und ihren Mannschaften hat die Bombe eingeschlagen und alles zerfetzt. Dort wird auch gekämpft, so wie man eben kämpfen muss, um zu überleben. In anderen Branchen und Firmen hat man Kurzarbeit und Home-Office eher als zusätzlichen Urlaub oder Sabbatical Jahr verstanden, je nachdem, wie gut der Staat mit unseren Sozialsystemen das Wasser, das manchen bis zum Hals steht, abgepumpt und Steuergelder rein gepumpt hat. Wann kann ich wieder in Urlaub fahren und wann beginnt die Bundesliga wieder? Sorgen der einen, während die anderen zum Insolvenzverwalter gehen müssen. Nun ziehen die Einschläge immer größere Kreise und erfassen mittlerweile auch diejenigen, die relativ kommod auf einer vermeintlich sicheren Insel ihren Tätigkeiten in gewohnt gelassener Manier nachgegangen sind. Erst waren es Friseure, Cafés und Hotels und jetzt trifft es die einstmals kraftstrotzenden Automobilhersteller und leider Gottes auch deren Zulieferer. Auf Kurzarbeit folgen Massenentlassungen. Die Banken schauen zu und kürzen Kredite. Auch für den Häuslebauer, der möglicherweise seinen Job verliert.

Tja, Wirtschaft findet nicht in irgendeiner Blase statt. Nein. Wirtschaft, das sind wir alle – 83 Millionen Deutsche. Und einer hängt vom anderen ab.

Made in Germany. Ein Markenzeichen, gewissermaßen ein Orden für hervorragende Qualität und Innovationen. Für mich aber immer schon auch eine Garantie für Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Ehrgeiz, Fleiß, Verantwortungsbewusstsein und die Fähigkeit, wenn es drauf ankommt, mehr zu leisten und härter zu arbeiten als im normalen Zeiten. Krisen bekämpft man nämlich nicht durch Kurzarbeit, sondern nur durch mehr Arbeit. Tugenden sind gefragt, will man nicht absaufen. Die Tugenden haben wir. Wir müssen sie nur aktivieren. Dann meistern wir auch diese Krise, und die nächste, und die nächste, die alle so sicher kommen werden wie das Amen in der Kirche.

Herzlichst

Ihr Ernst Prost

Geschäftsführer

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Aktuellste news

Nutzergenerierte Inhalte im E-Learning

Nutzergenerierte Inhalte im E-Learning

Die Digitalisierung hat es ermöglicht, Lerninhalte flexibel und ortsunabhängig zu gestalten. Dabei gewinnen nutzergenerierte Inhalte (User-generated Content, UGC) zunehmend an Bedeutung. UGC bietet nicht nur die Möglichkeit, Wissen auf authentische…

Auswandern und Gesundheitsvorsorge – was müssen Sie beachten?

Auswandern und Gesundheitsvorsorge – was müssen Sie beachten?

Die Zahl der Auswanderer steigt mit jedem Jahr. Allein 2022 verließen rund 1,2 Millionen Menschen Deutschland, um in ihrer neuen Wahlheimat ihr Glück zu suchen. Egal, ob ein angenehmeres Klima,…

Wie Unternehmen ihren Online-Ruf erfolgreich überwachen können

Wie Unternehmen ihren Online-Ruf erfolgreich überwachen können

Die digitale Reputation ist für moderne Unternehmen von unschätzbarem Wert. In einer Welt, in der Informationen in Sekundenschnelle verbreitet werden können, ist es unerlässlich, den Überblick über das zu behalten,…

Aktuellste Interviews

Behutsamer Umgang mit empfindlichen Produkten

Interview mit Jeroen Deprez, Geschäftsführender Gesellschafter und Mattias Mergaert, Leiter Sales Agro der DEPREZ CONSTRUCT NV

Behutsamer Umgang mit empfindlichen Produkten

Belgisches Knowhow, das auf der ganzen Welt gefragt ist? Was das automatische Produkthandling speziell von Kartoffeln, Zwiebeln, Möhren und anderen Gemüsen betrifft, ist die DEPREZ CONSTRUCT NV eine allererste Adresse.…

Die Zukunft des Lichts

Interview mit Benjamin Penderock, COO und Prokurist der DOTLUX GmbH

Die Zukunft des Lichts

Kaum eine neue Erfindung hat eine Branche so umfassend revolutioniert wie die LED-Technologie die Beleuchtungsindustrie. Die erheblichen Vorteile in Bezug auf Energie- und Ressourceneffizienz sowie die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten, die LEDs…

Seepferdchen & Co.: Zum Schmelzen süß

Interview mit Michael Strumpen, Geschäftsführer der Chocolaterie Guylian Deutschland GmbH

Seepferdchen & Co.: Zum Schmelzen süß

Die belgische Schokoladenmanufaktur gehört neben der aus der Schweiz zur Königsklasse im Reich der Pralinen und Schokoladen. Seit 1958 werden im belgischen Sint-Niklaas hochwertige Pralinen der Marke Guylian produziert. Die…

TOP