Der Blick durchs ‘Schlüsselloch’
Interview mit Wolfgang Ries, Geschäftsführer der joimax GmbH

Wirtschaftsforum: Die Wirbelsäule ist der wunde Punkt des Bewegungsapparates und eines seiner komplexesten Organe. Die Anatomie ist ebenso anspruchsvoll wie ihre Leistungen. Gibt es Probleme mit diesem komplexen System sind Spezialisten gefragt. Was genau bietet joimax in diesem Fall?
Wolfgang Ries: Wir bieten vor allem ganzheitliche Lösungen, die Medizin und Engineering verbinden. Gute Produkte allein reichen nicht, wichtiger ist, dass alles perfekt aufeinander abgestimmt ist.
Wirtschaftsforum: Wie sieht dieser ganzheitliche Ansatz aus?
Wolfgang Ries: Wir haben heute 15 verschiedene Systeme im Angebot, mit denen wir fast jede Erkrankung an der Wirbelsäule operieren können. Sie alle basieren auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, stehen für Quality made in Germany und den Anspruch, sicher, schonend und effizient zu sein. Es geht bei der minimal-invasiven Wirbelsäulenchirurgie um minimale Gewebetraumatisierungen und eine schnelle Genesung der Patienten.
Da wir unsere Kunden, also in erster Linie Krankenhäuser, nicht nur mit hervorragenden Produkten für unterschiedliche Indikationen unterstützen wollen, haben wir 2019 eine Akademie, die ESPINEA, gegründet, wo wir Trainings und Schulungen für den richtigen Umgang mit den Geräten anbieten.
Wirtschaftsforum: joimax hat in Deutschland einen Marktanteil von 60% und nimmt auch international eine führende Rolle ein. Selbst im Pandemiejahr 2020 konnte das Unternehmen den Wachstumskurs fortsetzen. Was steckt hinter dieser außergewöhnlichen Entwicklung?
Wolfgang Ries: Meine Motivation war immer schon Menschen zu helfen, diesen Weg habe ich kontinuierlich verfolgt. Ich habe das Unternehmen 2001 in einer Einliegerwohnung gemeinsam mit meiner Frau Irmgard gegründet. Als gelernter Techniker habe ich auf der Abendschule mein Abitur gemacht und später Medizin studiert. Das war die ideale Voraussetzung um Medizin und Engineering zu kombinieren und somit neue Ideen stets voran zu treiben.
Wirtschaftsforum: Gibt es besondere Produkte, die stellvertretend für diesen Ansatz stehen?
Wolfgang Ries: 2004 haben wir TESSYS herausgebracht, ein Meilenstein für unsere Entwicklung. Es war das erste System für die endoskopische Wirbelsäulenchirurgie. Mit iLESSYS kam dann das zweite System heraus; ein Gerät zur Behandlung von Bandscheibenvorfällen oder Stenosen. Für die Behandlung von Facettengelenken und des Iliosakralgelenksyndroms steht MultiZYTE zur Verfügung. Sämtliche Produkte eint die schonende Behandlung, bei der das Wohl des Patienten im Vordergrund steht. Viele Produkte habe ich selbst entwickelt.
Wirtschaftsforum: Die Produkte werden längst weltweit vertrieben. Wie ist joimax heute aufgestellt, um im globalen Wettbewerb eine führende Position einzunehmen?
Wolfgang Ries: Im Laufe von 20 Jahren sind wir von einem Ein-Mann-Betrieb zu einem international agierenden Unternehmen gewachsen, das in 2021 rund 36 Millionen EUR umsetzt. Wir haben 90 Mitarbeiter in Deutschland, 35 in den USA, fünf in Büros in Hongkong und Singapur. Insgesamt arbeiten wir mit Vertriebspartnern in 56 Ländern zusammen.
Wirtschaftsforum: Wie beurteilen Sie momentan den Markt und Ihre Chancen für die Zukunft?
Wolfgang Ries: Wir wollen auf jeden Fall weiter expandieren. Gerade in den USA, die dem Markt lange hinterherhinkte, bietet sich großes Potenzial. Wir sind davon überzeugt, dass die Endoskopie der Wirbelsäule sich weiter durchsetzen wird, hoffen gleichzeitig, dass die Kostenschere nicht noch enger wird; Stichwort Fallpauschalen. Ein Problem für uns ist tatsächlich der Fachkräftemangel. Wir brauchen Mitarbeiter mit einer Spezialausbildung. Dennoch bleiben wir positiv. Schließlich orientieren wir uns an dem Leitspruch ʻGeht nicht, gibt es nichtʼ.
Wirtschaftsforum: Gibt es neue Produkte in der Pipeline?
Wolfgang Ries: Im Herbst werden wir Navento auf den Markt bringen; ein Produkt, an das wir große Erwartungen knüpfen. Hier geht es um einen Endoskopiegeräteturm der vierten Generation, der alle Geräte vernetzt. 2018 haben wir bereits ein eigenes Navigationssystem auf den Markt gebracht, das auf elektromagnetischer Basis arbeitet und die Patienten nicht belastet. Die Nadel wird im Magnetfeld punktgenau geführt, und zwar ohne Röntgenstrahlen. Vom Anwender verlangt diese Methode ein gutes dreidimensionales Vorstellungsvermögen und ein entsprechendes Training.
Wirtschaftsforum: Gibt es jenseits der Produkte eine Vision für die Zukunft?
Wolfgang Ries: Wir werden unseren Werten treu bleiben und uns unseren Markt selbst bauen. In der Vergangenheit konnten wir viele Ärzte von unseren Produkten überzeugen. Nun entdecken immer mehr große Firmen, die in der offenen Chirurgie engagiert sind, das Potenzial unserer Produkte.