20 Mal um die Welt – Tag für Tag
Interview mit Gerd Röttger, Geschäftsführer der InTime Express Logistik GmbH
Bisher rollen die Fahrzeuge von inTime nur über Europas Straßen. Doch das muss nicht so bleiben, erklärt Geschäftsführer Gerd Röttger: „Wir sind auch offen für eine weltweite Geschichte.“
Schon die bisherige Historie des Logistikunternehmens ist eine Erfolgsgeschichte. In den letzten 17 Jahren hat sich sein Umsatz mehr als verzehnfacht. Als INtIME Transport & Logistik GmbH wurde das Unternehmen 1993 als Kurierdienst gegründet.
Im Jahr 2000 war es bereits der deutschlandweit größte Anbieter von Sonderfahrten und Expresslogistik, als es die Firma Direkt-Kuriere Schmidt & Busch übernahm. Diese war bereits seit 1987 als Logistiker für die Autoindustrie, unter anderem für VW, tätig.
„So begann unsere Spezialisierung auf die Automobillogistik, die wir von da an weiter vertieft haben“, berichtet Gerd Röttger, der nach seinem Studium an der Deutschen Außenhandels- und Verkehrs-Akademie in Bremen 2001 zum Unternehmen kam. Nach fünf Jahren starken Wachstums kaufte er dem Gründer die Firma gemeinsam mit zwei Partnern und einem Finanzinvestor im Rahmen eines Management-Buy-out ab.
Seit 2015 gehört inTime als erstes europäisches Logistikunternehmen zur südafrikanischen Super Group Ltd., einer börsennotierten Logistikgruppe mit einem Jahresumsatz von zwei Milliarden EUR.
Agil mit dem richtigen Mix
Schwerpunkt des Geschäfts ist der Straßentransport, insbesondere Expresstransporte für die Autoindustrie, aber auch temperaturgeführte Transporte für die Pharmaindustrie oder Werttransporte, zum Beispiel von Krebsmedikamenten.
„Wir müssen jeden Tag aus der Summe von Fahrzeugen und Aufträgen den besten Mix machen.“ Gerd RöttgerGeschäftsführer
Eine besondere Expertise hat inTime im Transport von Gefahrgütern aufzuweisen. 5% des Umsatzes entfallen auf Express-Luftfracht und Air-Charter. Mit seinem Konzept der ‘agile logistics’ ist der Logistikspezialist extrem flexibel – nicht zuletzt dank der selbst entwickelten intelligenten Software, die alle Prozesse im Unternehmen abbildet und dem Kunden wichtige Informationen zugänglich macht.
„Sie führt Tourenoptimierungen durch und reduziert den Einsatz von Fahrzeugen durch die Bündelung von Sendungen. Das ist eine besondere Herausforderung, da wir uns als Feuerwehr verstehen, die schnell da ist, wenn es brennt“, erklärt Gerd Röttger.
In Isernhagen kümmert sich eine interne IT-Abteilung nur um die Programmierung, weitere 100 Mitarbeiter in Südafrika sind mit der IT-Entwicklung beschäftigt. Mit dem firmeneigenen Motto ‘handle the unexpected’ ist ein Alleinstellungsmerkmal verbunden, macht der Geschäftsführer deutlich: „In Europa bieten wir die größte Flexibilität in der Versorgung großer Produktionen mit Eillieferungen. Am Anfang des Tages wissen wir noch nicht, was passieren und wo der Schwerpunkt liegen wird. Wir müssen jeden Tag aus der Summe von Fahrzeugen und Aufträgen den besten Mix machen.“
Weil das optimal gelingt, hat sich inTime in Deutschland auf seinem Gebiet zum absoluten Marktführer entwickelt und ist in Europa einer der beiden größten Player.
Für alles offen
Von dem zunächst bestehenden bundesweiten Franchisesystem hatten sich Gerd Röttger und seine Partner bereits nach kurzer Zeit verabschiedet und setzen seitdem europaweit auf eigene Niederlassungen. „Das ermöglicht uns eine optimale Betreuung unserer Kunden“, sagt Gerd Röttger und erklärt weiter: „Durch unsere Aufstellung in Europa können wir unsere Transporte dank kleiner Umschlaglager so bündeln, dass sie besonders wirtschaftlich sind und wir auch die Ruhezeiten einhalten können.“
Der Kurs steht eindeutig auf Expansion – auch anorganisch: „Im Kern in der Automobilindustrie, aber auch in anderen Branchen wie der Pharmaindustrie oder dem Maschinenbau. Wir sind offen für alles, wollen aber stets ein Nischenanbieter bleiben“, betont der Geschäftsführer.
Wachstumsbremsen
Die ambitionierten Wachstumspläne werden allerdings unter anderem durch den Fachkräftemangel gehemmt. „Es ist in allen Bereichen schwierig, den Bedarf zu decken, nicht nur bei den Fahrern. Auch Auszubildende zu bekommen ist nicht leicht“, beklagt Gerd Röttger. Viel qualifiziertes Personal konnte das Unternehmen im osteuropäischen Ausland rekrutieren. „Wir verlagern die Arbeit verstärkt dorthin. Aber auch dort wird es schwieriger. Wir müssen uns mit guten Arbeitszeitmodellen, attraktiver Vergütung und modernen Arbeitsplätzen als Arbeitgeber bewerben.“
Bei einem weiteren Problem würde er sich mehr Unterstützung durch die Politik wünschen: „Logistikunternehmen werden nicht mit offenen Armen empfangen. Wir finden kaum Platz, um uns anzusiedeln. Lkw möchte niemand auf der Straße haben, aber alle bestellen ihre Produkte online. Unsere Fahrzeuge legen jeden Tag eine Strecke zurück, die 20 Mal um die Erde reicht.“
Sein Wunsch wäre es, sich auch in Ballungszentren ansiedeln zu können, was mehr Offenheit seitens der Städte und Gemeinden erfordern würde. „An den Autobahnen fehlt der Platz. Außerdem könnten wir dadurch für mehr Ordnung sorgen – derzeit ist die Konsequenz, dass die Fahrzeuge in den Gewerbegebieten parken.“ Und schließlich schlagen sich in der Branche hohe Spritkosten direkt nieder. „Das hat Auswirkungen auf die Preise, auch für die Endkunden.“
Reaktionsfreudig erfolgreich
Das Unternehmen zu stabilisieren, hat derzeit Priorität. „Wir müssen weiterhin sehr reaktionsfreudig sein“, so der Geschäftsführer. Entscheidend, betont er, sei letztlich die Summe aus Kunden, Mitarbeitern und Fahrzeugen: „Erfolg wird derjenige haben, der in der Lage ist, zu liefern, wenn der Bedarf da ist.“ Das Unvorhersehbare zu handeln wird daher auch in Zukunft das Leitmotto von inTime sein – „und zwar so, dass der Kunde zufrieden ist und wir Geld verdienen, um weiter wachsen zu können.“