„Kunststoffprodukte und Nachhaltigkeit sind kein Widerspruch ...

Interview mit Martin Hartl, Geschäftsführer der Infinex Holding GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Hartl, mit welchen Marken und Produkten bewegt sich die Infinex Holding GmbH heute im Markt?

Martin Hartl: Im Zuge der Wirtschaftskrise 2009/10 haben wir insgesamt drei Marken unter dem Dach der Infinex zusammengeführt, die bis dahin als kleinere eigenständige Unternehmen aufgetreten waren. Bei unserem Produkt mit dem Namen ISODRAIN handelt es sich zunächst um eine Noppenfolie für die Bauindustrie, die neben typischen Anwendungsfeldern im Hoch-, Tief- und Infrastrukturbausegment mittlerweile auch in Form von dezidierten Weiterentwicklungen als Grundmauerschutz-, Drainage- oder Dachbegrünungsfolie eingesetzt wird. Daneben bieten wir mit TRIPLEX eine Strukturkammerplatte an, die vor allem im Ladungsträgerbereich als faltbare Mehrwegverpackung Verwendung findet. Unter dem Namen KIBO produzieren wir ferner eine klassische Hohlkammerplatte, die unser Produktportfolio konsequent abrundet – so können wir in einem breiten Belastungsintervall von 280 g/m2 bis zu 4.000 g/m2 viele verschiedene Lösungen in unterschiedlichsten Anwendungsbereichen anbieten.

Wirtschaftsforum: Daneben besteht mit der Infinex Repoly noch ein weiteres Unternehmen.

Martin Hartl: Der Recycling-Arm Infinex Repoly ist unser letztes Puzzleteil für den NextLoop, mit dem wir den Rohstoffkreislauf in unserem Unternehmen schließen wollen. In diesem Zuge bereiten wir Post-Industrial-Materialien wie kunststoffhaltige Industrieabfälle, aber auch Verschnitt aus der Produktion wieder auf, um so unsere eigene Rohstoffversorgung im Regenerat-Bereich selbstständig abbilden und sicherstellen zu können. Nach der Übernahme dieses Unternehmens im Jahr 2019 schaffen wir derzeit die Voraussetzungen für eine entsprechende nachhaltige Skalierung unserer Recycling-Möglichkeiten, um perspektivisch auch einen Impact erzielen zu können, der über die Infinex Group hinauswirkt. Schon heute bieten wir unseren Kunden an, defekte oder ausrangierte Mehrwegbehälter zurückzunehmen und bei uns wiederaufzubereiten, um sie erneut dem gleichen Kreislauf zuzuführen. Obwohl wir noch kaum in entsprechende Werbemaßnahmen investiert haben und die Produktionskapazitäten erst nach und nach aufgebaut werden müssen – unter anderem mit einem neuen Werk, das wir derzeit in Haiterbach errichten –, erreichten uns bereits zahlreiche interessierte Anfragen von unseren Partnern. Das bestärkt uns sehr, hier auf dem richtigen Weg zu sein.

Wirtschaftsforum: Gerade die Kunststoffindustrie wird beim Thema Nachhaltigkeit jedoch viel gescholten.

Martin Hartl: Der Bereich Nachhaltigkeit ist in unserem Wirtschaftssegment mittlerweile ein enorm wichtiger Faktor – das steht außer Frage. Dabei wird es für diesen Werkstoff in vielen Anwendungsbereichen auch perspektivisch keine sinnvolle Alternative geben; die Kunststoffindustrie wird uns also ohne Zweifel erhalten bleiben. Ich bin aber überzeugt, dass sich die Herstellung unserer Produkte nachhaltig und umweltgerecht darstellen lässt. Auch bei Infinex sind wir noch nicht da, wo wir sein wollen. Derzeit arbeiten wir jedoch an einem konkreten Fahrplan für die nächsten zehn Jahre, in denen wir weitere signifikante Fortschritte erzielen wollen, unter anderem durch unsere Recyclinglösungen, die wir mit Infinex Repoly bereits umsetzen. Denn es darf nicht unser Anspruch als Kunststoffindustrie sein, uns mit einer Position als schwarzes Schaf im Wirtschaftsleben zu begnügen, das als notwendiges Übel eben gebraucht wird. Wenn wir nicht-recyclingfähige Produkte so weit wie möglich abschaffen und weitere Anwendungsfelder für die Verarbeitung von Regenraten finden, können wir hingegen einen echten Beitrag zu einer nachhaltigeren Gesamtwirtschaft leisten, der dann auch in der Gesellschaft eine breite Zustimmung erfahren wird – und die Kunststoffindustrie aus dem Abseits holt.

Wirtschaftsforum: Wie stark entwickeln sich Ihre Produkte dabei über die Jahre weiter – und welche Themen stehen aktuell im Zentrum Ihrer Aufmerksamkeit?

Martin Hartl: Die beständige Arbeit an der Weiterentwicklung unserer Produkte ist ein Kernelement unseres Unternehmensverständnisses – an dieser Stelle konnten wir unsere Flexibilität sowie unser gewachsenes Know-how schon mehrfach unter Beweis stellen und uns dabei auch immer wieder in neue Märkte vorwagen. Als wir mit ISO-DRAIN im Jahr 1990 unsere ersten Noppenfolien auf den Markt brachten, gab es beispielsweise noch kein Produkt, das sich mit seinen Wasserspeicher- und Drainageeigenschaften für die immer beliebter werdenden Gründächer empfohlen hätte – dafür wurde dann oftmals schlicht eine andere Lösung eingesetzt, die eigentlich für einen anderen Zweck entwickelt worden war. Als wir diesen Bedarf erkannt hatten, konnten wir für dieses Problem dann zielgenau ein neues Produkt entwickeln, dank dessen Druckstabilität und Wasserdichtheit sich nun ganze Erlebniswelten auf Dächern mit großen Grünflächen und Bäumen gestalten ließen. Diese Innovationsfreude haben wir auch in den letzten Jahren kein bisschen eingebüßt und konnten jüngst die Entwicklung eines eigenen Fußbodenheizungssystems abschließen, das wir demnächst auf den Markt bringen wollen.

Wirtschaftsforum: Bleibt diese Innovationsfreude auch weiterhin Ihr persönlicher Antrieb?

Martin Hartl: Mit Sicherheit – denn gerade das macht mir im Geschäftsalltag die größte Freude. Als mein Vater, der das Unternehmen 1968 gegründet hatte, uns als seine Kinder vor etwa 20 Jahren fragte, ob wir den Betrieb übernehmen wollten, lautete unsere erste Antwort ehrlicherweise ‘nein’, weil wir uns mit dem damaligen Unternehmenskonzept schlicht nicht identifizieren konnten. Für meinen Vater waren meine Argumente nachvollziehbar. Ich bekam die Chance, mit neuen, innovativen Produkten, die am Markt einen echten Mehrwert geschaffen haben, durchzustarten, beispielsweise die TRIPLEX-Strukturkammerplatte. Parallel dazu konnte ich mit organisatorischen Veränderungen wichtige Impulse für das Unternehmen setzen. Seitdem sind wir stark gewachsen und ich freue mich auf die weiteren spannenden Schritte. Bereut habe ich meine Entscheidung keinen einzigen Tag!

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