Hannover. Vereint. Besonders.
Interview mit Hans Christian Nolte, Geschäftsführer der Hannover Marketing und Tourismus GmbH - Hannover Veranstaltungs GmbH

Was der ehemalige US-Präsident Barack Obama mit Stadtmarketing zu tun hat? Eine Menge, sagt Geschäftsführer Hans Christian Nolte. Die USA waren 2016 Partnerland der Hannover Messe. Neben Obama kamen Angela Merkel sowie die Regierungschefs James Cameron, François Hollande und Matteo Renzi in Hannover zusammen.
„Das haben wir genutzt, um für uns zu werben. Wir waren in allen deutschen und vielen amerikanischen Botschaften der betreffenden Länder, um über die Stadt zu informieren. Man war interessiert daran, wohin Obama fährt und daran, mehr über Hannover zu erfahren. So konnten wir in Frankreich, Italien, Großbritannien und den USA eine große Werbeaussendung machen und über die Stadt berichten. Wir hatten eine Reichweite von mehreren Milliarden Adressaten.“
Derzeit sind Vertreter des 62-köpfigen Teams der HMTG in Schweden, dem Partnerland der kommenden Hannover Messe, unterwegs. „Partnerländer sind gut als ‘trojanische Pferde’ zu nutzen“, fasst der Betriebswirt und gelernte Industriekaufmann zusammen. Die Politik ist allerdings zu schnelllebig, um lange von solchen Erfolgen zehren zu können – bis auf Angela Merkel ist keiner der Regierungschefs mehr im Amt.
„Marketing ist eine never-ending Story. Die Herausforderung heute ist ein 360-Grad-Marketing über alle Kanäle – digital und analog – aber mit gleichbleibendem Budget“, erklärt er.
Barock begeistert
Doch Hannover kann auch ohne große Politiker – repräsentative Produkte und Veranstaltungen gibt es auch abseits der Messen genug. Die Herrenhäuser Gärten, einer der europaweit bedeutendsten Barockgärten, verzeichnet inzwischen über 600.000 Besucher pro Jahr; im Jahr 2001 waren es gerade einmal 180.000.

„Die Herausforderung heute ist ein 360-Grad-Marketing über alle Kanäle – digital und analog –, aber mit gleichbleibendem Budget.“ Hans Christian NolteGeschäftsführer
„Im Winter schliefen die Gärten ein. Unsere Idee war es, sie in dieser Zeit durch Veranstaltungen attraktiver zu machen“, berichtet Hans Christian Nolte. Gemeinsam mit dem GOP Hannover wurde für die barocken Gärten ein Wintervarieté entwickelt, das anfangs auch finanziell von der HMTG unterstützt wurde, ebenso das Musical ‘Ein Sommernachtstraum’ von Heinz Rudolf Kunze und Heiner Lürig. „Wichtig ist es, Zielgruppen gezielt anzusprechen und einfache Werbelinien zu entwickeln“, macht er deutlich.
Ein weiteres Verdienst der Stadtmarketingexperten ist die Kunstschau Made in Germany. „Wir haben drei zuvor sehr autark agierende Kunsthäuser der modernen und zeitgenössischen Kunst zusammengebracht für diese gemeinsam beworbene, alle fünf Jahre stattfindende Veranstaltung.“ Inzwischen ist daraus eine Zusammenarbeit von sieben Museen entstanden, unter ihnen das Sprengel Museum, eines der bedeutendsten Museen für die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts.
Die Gründung der Vermarktungsgesellschaft im Jahr 2000, zunächst als Hannover Marketing Gesellschaft, war der Beginn einer in Deutschland ungewöhnlichen Liaison, berichtet Hans Christian Nolte. „Bei uns sind die Bereiche Standortmarketing, Tourismus und inzwischen auch Veranstaltungen gebündelt, mit der Zielsetzung, die gesamte Region Hannover mit ihren 21 Städten und Gemeinden gemeinsam zu vermarkten.“
Dieser Zusammenschluss verschiedener Bereiche unter einem Dach habe sogar Vertreter anderer Städte veranlasst, nach Hannover zu kommen, um sich darüber zu informieren. „Der Abstimmungsbedarf ist extrem hoch, aber das Konzept überzeugt dadurch, dass wir den gesamten Standort Region Hannover in all seinen Facetten abbilden und vertreten.“
Die Kommunikation unter einer gemeinsamen Dachmarke mit einheitlicher Werbung sei zudem gerade in Zeiten sinnvoll, in denen es darum geht, mit städtischen Mitteln sorgsam umzugehen. Nicht nur die Zahl der Messebesucher, sondern auch der Touristen hat sich dank der HMTG seit 2000 signifikant erhöht; 2017 registrierte die Stadt erstmals mehr als vier Millionen Übernachtungen.
„Wir sind ein wachsender Raum – im Hinblick auf Wirtschaft, Einwohnerzahlen und auch Wertschätzung. In Überschriften werden wir noch als ‘graue Maus’ bezeichnet. Aber auf den zweiten Blick bekommen wir den Respekt, den wir uns mit vielen Themen erarbeitet haben. Das ist für mich Herausforderung und Motivation“, betont Hans Christian Nolte.