Fast 300 Jahre hanseatische Bautradition

Interview mit Isabel Matthiessen, Geschäftsführerin der D.H.W. Schultz & Sohn GmbH

Wirtschaftsforum: Frau Matthiessen, nicht nur auf der Website Ihres Unternehmens läuft bereits der Countdown zum 300-jährigen Firmenjubiläum. Welche Rolle spielt diese lange Historie in Ihrem Geschäftsalltag?

Isabel Matthiessen: Natürlich sind wir alle furchtbar stolz auf unsere besondere Geschichte. Wenn man auf einen Streifzug durch Hamburg geht, kann man auch all die Dächer sehen, an denen unser Unternehmen über die Jahrhunderte mitgewirkt hat: am Hamburger Rathaus, auf dem Hamburger Michel, auf dem Hotel Atlantic, wo sich bekanntermaßen Udo Lindenberg eingemietet hat, sowie auf vielen Objekten in der Speicherstadt und den zahlreichen Kirchendächern, die Hamburgs Stadtbild prägen. Die ganze Belegschaft fühlt sich eng mit dieser langjährigen Tradition verbunden – was uns allen gerade in Krisenzeiten natürlich zusätzlichen Halt gibt.

Wirtschaftsforum: Sie selbst kamen erst wenige Monate vor Beginn der Coronapandemie ins Unternehmen. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Isabel Matthiessen: Das Unternehmen hatte unmittelbar vor meinem Eintritt eine sehr unruhige Phase durchlebt; 2019 waren nacheinander insgesamt drei Geschäftsführer im Amt. Aufgrund dieser allgemeinen betrieblichen Probleme hatten viele Mitarbeiter das Unternehmen in dieser Zeit auch verlassen, was gerade vor dem Hintergrund des allgegenwärtigen Fachkräftemangels noch problematischer erscheint. Ich konnte es deshalb auch niemandem übelnehmen, wenn ich teilweise mit einem lapidaren „Und? Wie lange werden Sie bleiben?“ begrüßt wurde.

Wirtschaftsforum: Wie haben Sie darauf reagiert?

Isabel Matthiessen: Mir war es wichtig, der Belegschaft von Anfang an zu vermitteln, dass ich unverrückbar Teil des Teams bin, dass ich mit Stolz auf dieses Unternehmen blicke und mich unbändig freue, zusammen mit all unseren wunderbaren Mitarbeitern das nächste Kapitel in unserer bald 300-jährigen Geschichte zu schreiben. Ich will diesen Anspruch auch stets im Alltag unterstreichen, damit jeder mich daran messen kann. Deshalb trage ich genauso wie jeder andere aus unserem Team stolz unser Shirt mit der Aufschrift ‘295+1’ auf der Brust und klettere auf den Baustellen ohne Vorbehalte zusammen mit meinen Kollegen auf die Dächer, wenn es dort etwas zu besprechen gibt. Wer ein authentisches Unternehmen mit einer authentischen Kultur möchte, der muss damit an der Spitze anfangen. Dank dieser typisch hanseatischen Tugenden aus Verlässlichkeit und Unverfälschtheit, die wir alle im Alltag leben, konnte so bald wieder ein größerer Optimismus im Unternehmen Einzug halten.

Wirtschaftsforum: Welche Projekte stehen in naher Zukunft an?

Isabel Matthiessen: Neben unseren traditionellen Gewerken Bauklempnerei und Blitzschutz (derzeit errichten wir die neue Blitzschutzanlage bei der Otto Group) engagieren wir uns schon seit langer Zeit auch in den Bereichen Feuerschutz sowie Heizungs- und Sanitäranlagen. Derzeit arbeiten wir an unseren Brandschutzsystemen durch die Neuentwicklung einer umweltbewussten, keimfreien, kostengünstigen und recycelbaren Anlage, die D.A.S. Mit dieser Anlage sind wir auf dem neusten Stand nach DIN-, DVGW- und KTW-Vorgaben, um hier nachhaltigere Lösungen anbieten zu können. Außerdem wirken wir erneut am Wohnprojekt auf der ehemaligen Trabrennbahn in Farmsen mit und werden demnächst auch an der umfangreichen Sanierung von 5.000 m2-Reemtsma-Hallen im Hamburger Hafen beteiligt sein – es warten also zwei weitere Hamburger Urgesteine auf uns. Über alle Gewerke hinweg prägt uns zudem das Ziel, die Möglichkeiten der Digitalisierung vollumfänglich zu nutzen. Kernelement dieses Vorhabens ist die Erarbeitung einer digitalen Revisionsakte, für die wir von der Hamburger Schulverwaltung (Schulbau Hamburg) und Universität HH als Referenzbetrieb ausgewählt wurden.

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