„Nachhaltigkeit muss glaubwürdig sein“

Interview mit Roland Räcker, Fachverantwortlicher Nachhaltigkeit der Concordia oeco Lebensversicherungs-AG

Wirtschaftsforum: Herr Räcker, was unterscheidet die Concordia oeco von anderen Anbietern, die mit nachhaltigen Versicherungen werben?

Roland Räcker: Aktuell erleben wir, dass am Markt gefühlt jede Versicherung nachhaltig sein möchte. Wir waren diesem Trend lange voraus. Nachhaltigkeit war schon vor 25 Jahren die Gründungsidee unserer Vorgängergesellschaft, der oeco capital Lebensversicherung AG. Anfang der 1990er-Jahre gab es kaum jemanden, der sich mit diesem Thema beschäftigt hat, schon gar nicht im Finanzdienstleistungsbereich. Nur Idealisten und einige wenige Rückversicherungsgesellschaften haben sich damals mit der Zukunft beschäftigt. Es gab rund 130 Lebensversicherer und einen weiteren, ökologischen, brauchte eigentlich niemand. Heute existieren noch gut 90 – und uns gibt es immer noch. Aktuell verwalten wir mit 39.000 Kunden rund 680 Millionen EUR unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten.

Wirtschaftsforum: Können Sie den Kunden vermitteln, dass Sie nicht einer von vielen Anbietern nachhaltiger Produkte sind?

Roland Räcker: Ja, natürlich. 25 Jahre lang waren wir der Exot in der Branche. Seit geraumer Zeit behaupten nun plötzlich viele, nachhaltig zu sein. Unser Ziel ist, als richtungsweisender Anbieter nachhaltiger Lebensversicherungen und Altersvorsorgeprodukte wahrgenommen zu werden. Wir sehen es aber positiv, dass auf dem Weg, den wir vor langer Zeit eingeschlagen haben, jetzt in der Branche ein Fokus liegt. Jeder kleine Schritt ist ein Schritt in die richtige Richtung. Eine große Herausforderung wird es sein, dem Konsumenten zu vermitteln, dass er zwischen Qualität und Quantität unterscheiden muss. Wir bieten zum Beispiel nur sieben Fonds zur Auswahl, die aber strengen Nachhaltigkeitskriterien entsprechen. Andere haben vielleicht 80, die diese Standards aber bei Weitem nicht erfüllen.

Wirtschaftsforum: Welches Portfolio bieten Sie Ihren Kunden?

Roland Räcker: Vom Produktangebot her sind wir ein klassischer Altersversorger mit Vorsorgelösungen für Privatkunden, betrieblicher Altersvorsorge sowie Fonds- und Hybridprodukten. Ab Januar 2022 werden wir marktweit der erste Anbieter mit einer rein grünen Berufsunfähigkeitsversicherung und Risikolebensversicherung sein.

Wirtschaftsforum: Wie kann man sich nachhaltige Altersvorsorge vorstellen?

Roland Räcker: Sie wird nachhaltig durch ESG-konforme Kapitalanlagen und Fonds. Wir legen das Geld dabei nicht nur nach dem ökologischen Aspekt, sondern auch nach sozialen und ökonomischen Gesichtspunkten an. Ein externer Nachhaltigkeitsbeirat überprüft bei jedem einzelnen Investment, ob die strengen Anlagekriterien erfüllt sind. Im Übrigen positionieren wir uns auch als nachhaltiges Unternehmen.

Wirtschaftsforum: Worin zeigt sich das?

Roland Räcker: Bereits seit 2006 gibt es in unserem Unternehmen Umweltmanagementsysteme. Es herrscht ein großes Verständnis für Nachhaltigkeit, Langfristigkeit, soziale Verpflichtungen – zum Beispiel über die bei unserer Muttergesellschaft angesiedelte Stiftung Mensch/Natur/Gemeinschaft und Ökonomie. Verantwortung sehen wir als Generationengerechtigkeit und versuchen, hier unsere langjährige Expertise einzubringen. Wer als Lebensversicherer im Nachhaltigkeitssegment erfolgreich sein will, muss glaubwürdig sein. Jeder behauptet von sich, grün zu sein. Wir können das auch mit Fakten belegen.

Wirtschaftsforum: Wie würden Sie die Alleinstellungsmerkmale des Unternehmens zusammenfassen?

Roland Räcker: Kundengelder investieren wir ausschließlich unter nachhaltigen Kriterien. Diesen strengen und stringenten Auswahlprozess wenden wir allerdings nicht nur bei den eigenen Kapitalanlagen an, sondern nutzen ihn auch als Grundlage bei der Auswahl der angebotenen Fonds. Für den Markt, vor allem für Vermittler und Kunden, ist es eine Herausforderung, wirklich nachhaltige Fonds zu erkennen. Wir haben uns der Aufgabe gestellt, für Vergleichbarkeit zu sorgen.

Wirtschaftsforum: Mit welchen Themen werden Sie sich zukünftig beschäftigen?

Roland Räcker: Die Umsetzung des EU Green Deals wird enorme Auswirkungen auf das gesamte Wirtschaftsleben haben. Die Digitalisierung wird uns beschäftigen. Und auch die Frage, wie Unternehmens- und Wirtschaftswachstum mit den Nachhaltigkeitsvorgaben in Einklang zu bringen sind. Das sind große und herausfordernde Themen. Privat vertrete ich den Standpunkt: Bevor wir die Welt verändern, sollten wir vor unserer eigenen Türe kehren. Wenn jeder einen kleinen Beitrag leistet, um das ursprüngliche Verhältnis von Mensch und Natur wieder herzustellen, kann man gemeinsam viel erreichen.

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