Stahlhart und nachhaltig

Interview mit Wilhelm Nell, Director Business Unit Fasern der KrampeHarex GmbH & Co. KG

Wirtschaftsforum: Herr Nell, KrampeHarex ist im weitesten Sinne Produzent und Verarbeiter von Draht. Was sind Ihre Kernkompetenzen?

Wilhelm Nell: Wir konzentrieren uns auf zwei Bereiche, auf Fasern und Strahlmittel. Aktuell machen Fasern mit rund 80% den Großteil unseres Geschäftsvolumens aus.

Wirtschaftsforum: Was sind die wichtigsten Anwendungen für Ihre Fasern?

Wilhelm Nell: Wir bieten ein sehr breites Portfolio an Fasern an. Das unterscheidet uns von vielen anderen Anbietern. Insgesamt umfasst unser Portfolio über 75 verschiedene Fasertypen. Am häufigsten werden sie für Industrieböden verwendet, zum Beispiel für große Lager- oder aber Produktionshallen. Insgesamt gehen rund 70% aller weltweit produzierten Stahlfasern in die Industrie.

Wirtschaftsforum: Was sind hier wichtige Anforderungen an die Produkte?

Wilhelm Nell: Die Anforderungen haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert, sind gestiegen. Man erwartet Hochleistungsböden und höchste Präzision. Die Dauerhaftigkeit und Lebenszyklusbetrachtung ist immer wichtiger geworden.

Wirtschaftsforum: Welche weiteren Branchen gehören zu Ihrem Kundenkreis?

Wilhelm Nell: Wir sind stark aufgestellt in der Tunnel- und der Betonfertigteilindustrie und hier auch in der Lage, spezielle und individuelle Lösungen anzubieten. Darüber hinaus werden unsere Fasern für die Feuerfestindustrie und für Ultrahochleistungsbeton (UHPC) verwendet, der häufig für Designobjekte eingesetzt wird. Hier sind unter anderem das Chanel-Hauptgebäude in Paris oder die Universität Odense in Dänemark Referenzobjekte von uns.

Wirtschaftsforum: Wie ist Ihr Sortiment an Strahlmitteln aufgebaut?

Wilhelm Nell: Auch hier bieten wir eine breite Auswahl mit über 200 verschiedenen Strahlmitteln an. Wichtige Anwendungsbereiche sind die Oberflächenvorbereitung und Anwendungen in der  Automotive-Branche, insbesondere für Zulieferer von Getriebeboxen. Aufgrund der Entwicklung hin zur Elektromobilität werden hier allerdings in der nächsten Zeit Produkte wegfallen. Daher fokussieren wir uns sehr auf den Einsatz von Drahtkorn im Verfestigungsstrahlen oder Shotpeening. Als größter Produzent in Europa können wir unser Portfolio und unsere Kompetenz sehr gewinnbringend einbringen. Dabei punkten wir auch durch unser erstklassiges Service Angebot und unsere Unterstützung beim Kunden.

Wirtschaftsforum: Wir sprechen hier über Produktion und industrielle Anwendungen. Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit für KrampeHarex, aktuell und in Zukunft?

Wilhelm Nell: Nachhaltigkeit ist ein sehr vielschichtiges Thema. Unsere Produkte müssen in erster Linie technisch funktionieren. Aber wir sind schon seit langem grün aufgestellt. Wir haben gute Beziehungen zu Unternehmen in Skandinavien. Hier müssen wir schon seit mehreren Jahren zum Beispiel unseren CO2-Fußabdruck nachweisen. Wir sind ein Familienunternehmen und haben immer schon ressourcenschonend gearbeitet. Das ist Teil unserer Unternehmensphilosophie. Zudem beziehen wir unsere Rohmaterialien aus westeuropäischen Quellen, so dass unsere Transportwege kurz sind. 90% unserer Materialien werden per Schiff geliefert. Seit 2015 nutzen wir bereits 100% Energie aus erneuerbaren Quellen (z.B. Strom aus Wasserfallkraftwerken). Unsere Rohmaterialien bestehen zu über 90% aus recyceltem Material und wir haben für unsere Stahldrahtfasern ein EPD (Environmental Product Deklaration), mit dem niedrigsten GWP für Fasern weltweit. Aktuell bauen wir neue Produktionshallen und diese werden selbstverständlich nach modernsten energetischen Aspekten gebaut, unter anderem mit Photovoltaik auf dem Dach. Hier werden wir bis zu 20% energieautark arbeiten können.

Wirtschaftsforum: Die Wurzeln von KrampeHarex reichen zurück ins Jahr 1982. Wie ist es dem Unternehmen gelungen, über 40 Jahre so erfolgreich am Markt zu bestehen und immer weiter zu wachsen?

Wilhelm Nell: Unsere Inhaber haben immer sehr weitsichtig agiert und kontinuierlich in die Erweiterung unseres Portfolios investiert. Wir haben zudem frühzeitig international expandiert. Ein weiter Meilenstein in unserer Entwicklung war sicherlich die Übernahme der Faserfirma VulkanHarex aus der Vulkan Gruppe. Dadurch sind wir mit Produktion aber auch mit dem Vertriebsnetz zum marktführenden Unternehmen in Europa geworden und die Weichen für die internationale Expansion wurden gestellt.

Wirtschaftsforum: Sie bauen trotz des wirtschaftlich unsicheren Umfelds neue Hallen. Das heißt, die Zeichen stehen auf Wachstum für die nächste Zeit?

Wilhelm Nell: Ja. Aktuell bauen wir neue Hallen, mit denen wir unsere Kapazitäten noch einmal deutlich ausbauen werden. Wir werden über 20.000 t Stahlfasern mehr pro Jahr herstellen. Für die neue Produktion werden wir 20 bis 25 neue Kolleginnen und Kollegen einstellen, was aktuell eine Herausforderung ist. Wir setzen schon seit Jahren auf die Stärkung unserer Arbeitgebermarke und wissen um die Wichtigkeit unsere Mitarbeitenden an uns zu binden. Dies ist vor allem in einer zunehmend strukturschwachen Region wie das Ruhrgebiet sehr wichtig. Bislang ist es uns immer gelungen, neue Talente zu finden. Wir genießen einen guten Ruf als Arbeitgeber.

Wirtschaftsforum: Worauf fußt dieser gute Ruf?

Wilhelm Nell: Wir wertschätzen unsere Mitarbeiter und pflegen einen familiären Umgang. Unser geschäftsführender Gesellschafter Ulrich Krampe, der die zweite Familiengeneration repräsentiert, lebt uns das vor. Wir sind ehrlich, greifbar, bezahlen unsere Leute fair und bieten zahlreiche Benefits. Wir sind zuversichtlich, dass wir unsere Wachstumsziele in der kommenden Zeit erreichen werden und bekennen uns dazu ganz klar zum Standort Deutschland.

Wirtschaftsforum: Was erwarten Sie in diesem Jahr noch vom Markt?

Wilhelm Nell: Die großen Infrastrukturprojekte laufen weiter, zum Beispiel der Tunnel- und der Straßenbau. Diese werden immer mit einer großen Vorlaufzeit geplant und dauern mehrere Jahre. Insgesamt aber erleben wir aktuell noch eine Zurückhaltung am Markt. Die Zinsen sind nach wie vor hoch, Materialien und Fachkräfte nur begrenzt verfügbar. Die Investoren sind vorsichtig, sogar die ganz großen Namen. Unser Bruttoinlandsprodukt dümpelt. Die Talsohle ist noch nicht durchschritten. Aber wir erwarten ab der zweiten Jahreshälfte 2025 wieder Aufwind.

KrampeHarex GmbH & Co. KG
Pferdekamp 6-8
59075 Hamm
Deutschland
+49 2381 977977
info(at)krampeharex.com
www.krampeharex.com

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