„Menschen zu Erneuerbare-Energien-Community verbinden“
Interview mit Dr. Wolfgang Gründinger, Chief Evangelist der Enpal GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Dr. Gründinger, steigende Strompreise machen Solaranlagen gerade besonders attraktiv. Wie erleben Sie die Nachfrage?
Dr. Wolfgang Gründinger: Wir erleben seit Beginn des Krieges einen richtigen Boom. Inzwischen bauen wir rund 2.000 Solarlösungen pro Monat, das ist Rekord. Aber auch in den letzten Jahren konnten wir stark skalieren. Wir wachsen jährlich um 300%, ausschließlich organisch. Das hat mehrere Gründe.
Wirtschaftsforum: Welche sind das?
Dr. Wolfgang Gründinger: Ein Aspekt ist die Gründung unserer eigenen Akademie mit einem Schulungszentrum für Handwerker. Wir haben dort inzwischen die vielleicht größte Handwerksfirma Europas gebaut. Als die Nachfrage anzog, hatten wir dadurch bereits viele eigene Leute. Zu Beginn der Coronapandemie haben wir zudem einen Standort in China gegründet, und wir haben eigene Lagerkapazitäten geschaffen. Dadurch können wir heute eine Anlage in sechs Wochen bauen, während Andere sechs Monate brauchen. Der schreckliche Krieg in der Ukraine hat außerdem dazu geführt, dass das Bewusstsein für Energie-Autarkie und den Ausbau erneuerbarer Energien gestiegen ist.
Wirtschaftsforum: Wo steht Enpal heute am Markt?
Dr. Wolfgang Gründinger: Unser Jahresumsatz liegt bei 400 Millionen EUR, wir sind das wachstumsstärkste Energieunternehmen Nummer 1 in Europa. Unsere Konkurrenten sind die fossilen Kohle- und Gaskonzerne. Daher begreifen wir uns nicht als Wettbewerber zu anderen Solarfirmen. Die Klimakrise ist eine Menschheitsaufgabe, hier wird jede helfende Hand gebraucht.
Wirtschaftsforum: Wie sieht Ihr Leistungsspektrum aus?
Dr. Wolfgang Gründinger: Die Photovoltaik-Anlage ist unser Basis-Produkt, das wir bisher als Mietmodell anbieten in einem Rundum-Sorglos-Paket. Wir setzen aber auf erneuerbare Energien im Allgemeinen. So bieten wir einen eigenen Ökostromtarif an, außerdem Energiespeicher und Wallboxen. Unsere Enpal-Software ist sehr innovativ und die Basis für ein Smart-Meter-Gateway. Unsere Vision: Alles muss vernetzt sein, damit der Kunde seinen Solarstrom an der Strombörse verkaufen kann, aber auch, damit zum Beispiel E-Autos genau dann geladen werden, wenn der Strom günstig ist. Wir wollen Netzleistungen verfügbar machen. Der Endkunde soll vom Prosumer zum Flexumer werden, der nicht nur die Optimierung für sich selbst und sein Eigenheim erreicht, sondern auch Bestandteil einer großen Energie-Community ist. Er bezieht Strom, wenn viel davon da ist, und speist ein, wenn Strom knapp ist. All das kann er in Echtzeit verfolgen. Das Stichwort heißt virtuelles Kraftwerk.
Wirtschaftsforum: Dieses Konzept kommt offenbar bei den Kunden gut an.
Dr. Wolfgang Gründinger: Absolut. Wir müssen nicht mehr viel Überzeugungsarbeit leisten, dass eine PV-Anlage oder ein E-Auto sinnvoll sind. Der Krieg hat die Sicht darauf verändert. Aktuell bauen wir 2.000 Anlagen pro Monat.
Wirtschaftsforum: Sehen Sie die Lage für Enpal auch in Zukunft so positiv?
Dr. Wolfgang Gründinger: Ja, wir werden nicht nur weiterwachsen, sondern auch internationalisieren. Wir sind zwar ein deutsches Unternehmen, aber die Klimakrise ist global. Wohin es zuerst geht, ist noch nicht endgültig entschieden. An unserem Standort in China haben wir jedenfalls die Ware. Dank ihm bleiben wir lieferfähig. In China verhandeln wir mit den größten Herstellern der Welt. Für ein deutsches Startup ist das sehr ungewöhnlich. Darüber hinaus haben wir sehr viele Handelspartner und andere externe Partner. Vorteilhaft ist für uns auch, dass wir selbst Messstellenbetreiber sind und Stromzähler selbst auswechseln.
Wirtschaftsforum: Haben Sie, wie viele Unternehmen, auch Probleme, Mitarbeiter zu gewinnen?
Dr. Wolfgang Gründinger: Nein, wir bekommen immer noch gute Leute. Sie kommen zu uns, weil sie Bock auf den Job haben. Das Thema ist einfach sexy. Bei uns machen die Menschen eine Selbstwirksamkeitserfahrung, denn sie tun etwas Gutes. Wir bieten einen zukunftssicheren Arbeitsplatz. Wir sind alle per Du, haben ein tolles Team und flache Hierarchien.
Wirtschaftsforum: Welche Ziele und Vision haben Sie für das Unternehmen?
Dr. Wolfgang Gründinger: Als ehemaliger Klima-Aktivist ist es mir ein persönliches Anliegen, die Klimakrise zu bekämpfen. Wir haben alles, was dafür notwendig ist. Das müssen wir nur in die Breite bringen. Wir wollen global werden, schauen uns den Wärmemarkt genau an, um ihn in unser Angebot zu integrieren, und denken auch über die noch engere Verzahnung zwischen E-Mobilität und Solarenergie nach. Unsere große Vision ist, die Menschen zu einer Erneuerbare-Energien-Community zu verbinden.
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