„Die Intensität der Zinsanpassungen ist neu“
Interview mit Dr. Frank Wüller, Geschäftsführer der COMPEON GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Dr. Wüller, seit mittlerweile zehn Jahren tritt die COMPEON GmbH als Finanzmarktplatz für den Mittelstand auf – worin genau liegt dabei der von Ihnen gebotene Mehrwert?
Dr. Frank Wüller: Grundsätzlich sehen wir unsere Aufgabe darin, Angebot und Nachfrage nach Finanzierungen im gewerblichen Kontext zusammenzuführen, wobei wir auf den typischen Bedarf eines mittelständischen Unternehmens in all seinen Ausprägungen abstellen – von der Finanzierung eines neuen Firmenwagens bis hin zur Aufnahme von Fremdkapital für die Errichtung einer neuen Werkshalle. Ein wesentlicher Mehrwert liegt dabei in unseren bedarfsgerechten Beratungsleistungen, wenn der Kunde diese wünscht: Nur 1% aller in Deutschland ansässigen Gewerbebetriebe und Freiberufler überschreitet einen Jahresumsatz von 50 Millionen EUR, und gerade viele kleinere Unternehmen verfügen schlicht aufgrund ihrer Marktposition über kein umfassendes internes Finance-Know-how. Gleichzeitig betreuen viele Banken trotz allen Engagements ihre Kunden aufgrund der schieren Anzahl und Kapitalnachfrage eher reaktiv und haben damit nicht notwendigerweise sämtliche individuellen Anforderungen im Blick, aus denen sich Möglichkeiten zu einem vorteilhaften Kreditgeschäft ergeben könnten. Hier kann COMPEON als Plattform zum Suchen, Finden und Vergleichen von Finanzierungslösungen sowie als erweitertes Ökosystem von Banken und FinTechs mit einem echten Nutzengewinn überzeugen.
Wirtschaftsforum: Die ersten Jahre Ihrer Unternehmenstätigkeit konnten Sie in einem sehr niedrigen Zinsumfeld agieren – mittlerweile haben sich die geldpolitischen Rahmenbedingungen jedoch deutlich verändert. Inwiefern ist Ihr Geschäftsalltag von diesen Entwicklungen betroffen?
Dr. Frank Wüller: Die Zinsanpassungen, die wir in der jüngsten Vergangenheit erlebt haben, sind nicht zuletzt im Hinblick auf ihre Intensität vergleichsweise neu, woraus sich für COMPEON bisher ein deutlich gestiegenes Anfrageaufkommen ergab. Gleichzeitig lässt sich jedoch bei vielen Banken zumindest gegenüber Unternehmen aus bestimmten Branchen eine gewisse Zurückhaltung bei der Kreditvergabe erkennen; dies geht bereits aus den monatlichen KfW-Erhebungen zu den aktuellen Kredithürden im Markt hervor. Obwohl wir keine Finanzierungslösungen für Privatpersonen vermitteln, sind wir doch indirekt von den Verschiebungen im Konsumentenverhalten betroffen – denn wegen der hohen Immobilienpreise und Zinskosten halten sich etwa viele Haushalte mit Investitionen in Wohneigentum zurück, was wiederum auf die Bauwirtschaft durchschlägt. Viele Finanzierungen, die 2020 noch problemlos abgeschlossen worden wären, werden heute nicht mehr umgesetzt. In anderen Branchen ist die Investitionsbereitschaft hingegen umso höher, samt einem entsprechenden angebotsseitigen Engagement der Banken – für COMPEON steht somit ein sehr vielschichtiges Bild, das aufgrund des höheren Suchaufkommens auch zahlreiche Chancen bietet.
Wirtschaftsforum: Welche Themen beschäftigen Sie derzeit besonders intensiv?
Dr. Frank Wüller: Wir haben in den letzten Jahren viel in digitale Technologien investiert, um Finanzierungsanfragen von Kunden komfortabel, aber stringent zu bedienen, und können den potenziellen Kreditgebern mittlerweile auch entsprechend aufbereitete Finanzdaten übermitteln, die deren Entscheidungsprozesse beschleunigen und vereinfachen. Dass die Kreditvergabekriterien heute noch weitgehend auf Vergangenheitsdaten des jeweiligen Kunden beruhen, wird aus unserer Sicht ferner perspektivisch nicht unbedingt so bleiben – denn andere Kennzahlen, etwa aktuelle Verkaufsdaten, könnten bisweilen ein besseres Bild der künftigen Kapitaldienstfähigkeit eines Unternehmens vermitteln.