„Wir übernehmen die Prozesse der Kunden!“

Interview mit Martin Jauss, Sprecher der Geschäftsführung der Würth Industrie Service GmbH & Co. KG

Wirtschaftsforum: Herr Jauss, womit beschäftigt sich die Würth Industrie Service GmbH & Co. KG?

Martin Jauss: Wir beschäftigen uns mit den ganz kleinen Dingen, die ein produzierendes Unternehmen braucht. Dazu gehören zum Beispiel Schrauben, Kabelbinder und Handschuhe oder Spraydosen, Schraubendreher und Sonderteile, die eigens angefertigt werden. Diese Dinge bieten wir dem Kunden an. Dabei hat er die Auswahl aus unserem umfangreichen Sortiment von mehr als einer Million Artikel. Dieses Sortiment ist allerdings nicht starr. Wir setzen uns immer mit den Anforderungen des Kunden auseinander und liefern als Logistikdienstleister immer genau das, was der Kunde benötigt. Deshalb sind über die Hälfte der Artikel, die wir auf Lager haben, kundenspezifisch. Also nur für einen Kunden. Und genau das macht uns aus. Das ist ein Kernelement unseres Leistungsportfolios. Wir übernehmen die Prozesse der Kunden in den Produktionsabläufen und in der Intralogistik dort, wo sie unsere Kleinteile betreffen. Dort setzen wir Kanban- und Automatenlösungen sowie Arbeitsplatzsysteme ein. Diese Systeme stellen dem Kunden die Dinge genau dort zur Verfügung, wo er sie braucht und wann er sie braucht. Er muss nicht bestellen, denn die Systeme bestellen automatisch. Das Einzige, was der Kunde noch machen muss, ist den Artikel zu nutzen und die Rechnung zu bezahlen. Alles andere machen wir.

Wirtschaftsforum: Und welche Branchen nutzen diese umfassenden Serviceleistungen?

Martin Jauss: Wir bedienen produzierende Industrieunternehmen in ganz Europa. Dazu gehören der klassische Maschinen- und Anlagenbau, Automobilhersteller, Land- und Baumaschinentechnik – in der Summe das klassische Rückgrat der Industrie. Dabei reicht die Bandbreite von kleinen Unternehmen, die industriell fertigen, bis hin zu Großkonzernen.

Wirtschaftsforum: Auf welche Weise sprechen Sie mögliche Neukunden an?

Martin Jauss: Für uns als klassisches Würth-Unternehmen steht der persönliche Kontakt in der Kommunikations- und Marketingstrategie immer ganz weit oben. Unser großer Außendienst und unser Vertriebsinnendienst sind für uns die ersten Schnittstellen mit den Kunden. Unsere Philosophie – ganz unabhängig von Digitalisierung und Automatisierung – lautet: Menschen kaufen von Menschen. Und genau diese Einstellung spiegelt unsere Marketingstrategie wider. Flankiert wird diese Philosophie jedoch von der Präsenz in den sozialen Medien, zum Beispiel LinkedIn. Grundsätzlich bespielen wir jedoch die komplette Bandbreite von Print bis Online.

Wirtschaftsforum: Vielleicht erzählen Sie uns noch ein wenig über die Geschichte der Würth Industrie Service als Teil der Würth-Gruppe.

Martin Jauss: Für uns als Teil der Würth-Gruppe ist das Jahr 1994 prägend. Dort hatten wir den ersten Industriekunden, der mit uns eine Produktionsversorgung nach dem Kanban-Prinzip eingegangen ist. Daraus entwickelte sich ein neues Geschäftsfeld, das schließlich 1999 ausgegründet wurde. Im gleichen Jahr hat die Würth-Gruppe ein Grundstück in Bad Mergentheim gekauft, wo sich unser Firmensitz befindet. 2011 haben wir das erste RFID-Kanban eingeführt, also die Digitalisierung von Kanban-Prozessen. Im gleichen Jahr haben wir das C-Teile-Management aus dem Bereich der Produktionsmaterialien hin zum ganzheitlichen C-Teile-Management weiterentwickelt.

Wirtschaftsforum: Wie sehen Ihre heutigen Strukturen aus?

Martin Jauss: Zentralfunktionen und Logistik sind direkt am Standort Bad Mergentheim angesiedelt. Von hier aus bedienen wir den gesamten europäischen Markt. Mehr als die Hälfte unserer Kunden befinden sich außerhalb Deutschlands. Wir beschäftigen heute 1.750 Mitarbeitende. Unser Umsatz liegt bei mehr als 630 Millionen EUR. Wir verzeichnen kontinuierliche jährliche Zuwachsraten im unteren zweistelligen Bereich und wollen diese Entwicklung fortführen.

Wirtschaftsforum: Was macht für sie den Erfolg des Unternehmens aus?

Martin Jauss: Die Menschen stehen bei uns ganz weit vorne. Wir möchten als Team gemeinsam unsere Kunden begeistern und gemeinsam mit ihnen Lösungen entwickeln. Deshalb hören wir dem Kunden zunächst einmal zu. Außerdem haben wir sehr loyale Mitarbeitende, die ein wirkliches Interesse daran haben, den Kunden weiterzuhelfen. Grundsätzlich haben wir als Unternehmen auch seitens der Würth-Gruppe die Freiheit, so agieren zu können, wie wir es für zielführend erachten. Hier spüren wir immer ein sehr großes Vertrauen.

Wirtschaftsforum: Wie sieht für Sie die Zukunft von Würth Industrie Service aus?

Martin Jauss: Wir möchten weiterhin ein nachhaltiger und zuverlässiger Partner sein – sowohl als Arbeitgeber wie auch für unsere Kunden, die Industrieunternehmen in Europa. Wir wollen zukunftssichere Arbeitsplätze gestalten und als wachstumsorientiertes Unternehmen unseren Umsatz in den nächsten fünf Jahren auf eine Milliarde EUR steigern.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Industrielle Zulieferer

Die Zukunft des Lagerwesens

Interview mit Ing. Alfred Altmann, Geschäftsführer der SIBA System Integration GmbH

Die Zukunft des Lagerwesens

Seit mehr als zwei Jahrzehnten steht die SIBA System Integration GmbH mit ihrem Fokus auf vollautomatische Hochregallager an der Spitze der Zeit. Doch in einer Ära der Globalisierung und der…

Qualität hat einen Namen

Interview mit Sven Schallach, CEO der HSL Netherlands und Sales Director der HSL Europe

Qualität hat einen Namen

Der Schienenverkehr ist eine wichtige Säule im internationalen Transportgeschehen, hat aber im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern kaum eine Lobby. Die HSL Logistik GmbH ist das größte privat geführte Eisenbahnverkehrsunternehmen in…

Ihre Supply Chain – transparent und kostenoptimiert

Interview mit Srecko Mühling, Chief Commercial Officer und Nebojsa Kolakovic, Chief Operations Officer der 4PL Central Station Deutschland GmbH

Ihre Supply Chain – transparent und kostenoptimiert

Transport- und Logistikprozesse sind in den vergangenen Jahren immer komplexer geworden. Entsprechend ist es für Unternehmen, die große Mengen Waren bewegen, wichtig, einen zuverlässigen koordinierenden Partner zur Seite, gleichzeitig aber…

Spannendes aus der Region

Präzision, Kontinuität und Leidenschaft

Interview mit Linus Diener, COO der Diener AG Precision Machining

Präzision, Kontinuität und Leidenschaft

Ein Familienunternehmen auf operativer Ebene zu übernehmen und langfristig in eine erfolgreiche Zukunft zu führen, ist eine Herausforderung – erst recht, wenn man sich kurzfristig flexibel in eine solche Position…

„Klein und fein – ein Kongresshaus wie die Schweiz“

Interview mit Michel Loris-Melikoff, CEO der Kongresshaus Zürich AG

„Klein und fein – ein Kongresshaus wie die Schweiz“

Auf 5.300 m2 multifunktionaler Veranstaltungsfläche finden im Kongresshaus Zürich nicht nur Tagungen, Workshops und Hauptversammlungen, sondern auch erlesene Konzerte und spannende Kultur-Events statt. Welche Veränderungen die Pandemie mit sich brachte…

„Wir können noch viel mehr!“

Interview mit Michael Schäfer Geschäftsführer und Sven Siegemund, Produktionsleiter der IAB Industrieanlagenbau Senftenberg GmbH

„Wir können noch viel mehr!“

Die IAB Industrieanlagenbau Senftenberg GmbH aus der Lausitz hat sich bisher vornehmlich in der Stahl- und Hüttenindustrie engagiert. In den nächsten Jahren will sie ihre gewachsenen Kompetenzen darüber hinaus in…

Das könnte Sie auch interessieren

Bereit für den Wandel

Interview mit Hans-Peter Keller, Geschäftsführer und Stefanie Dubs, Mitglied der Geschäftsleitung der Hacontex AG

Bereit für den Wandel

Mehrgenerationen-Wohnen, Co-Working, Co-Living, erneuerbare Energien – Themen, die vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und dem Klimawandel aktueller denn je sind. Die Hacontex AG aus Zollikon bei Zürich arbeitet an…

Ein packendes Geschäft

Interview mit Oliver Fischer, Geschäftsführer der Packservice PS Consulting GmbH

Ein packendes Geschäft

Dass ein Produkt im Handel gut ankommt, liegt zunächst einmal an seiner Verpackung, denn diese ist es, die der Kunde als Erstes sieht und in die Hand nimmt. Durch ihre…

Es fließt – schneller, besser, intelligenter

Interview mit Martin Gräb, Geschäftsführer der BSS Bohnenberg GmbH

Es fließt – schneller, besser, intelligenter

Gesteigerte Produktivität, hohe Qualität – eine ausgereifte, an individuellen Unternehmensbedürfnissen ausgerichtete Intralogistik spielt dafür eine zentrale Rolle. Die BSS Bohnenberg GmbH aus Solingen entwickelt seit über 30 Jahren zukunftsweisende Materialflusssysteme.…

TOP