Deutsche Qualität im Doppelpack
Interview mit Dipl.-Ing. Julia Jäcklin, Geschäftsführerin der Jäcklin GmbH
Wirtschaftsforum: Frau Jäcklin, gemeinsam mit ihrem Cousin führen Sie in der dritten Generation die Geschäfte des von Ihrem Großvater gegründeten Unternehmens. Heute zählt die Jäcklin GmbH rund 100 Mitarbeiter und stützt sich auf zwei sehr unterschiedliche Säulen: die Herstellung von Schraubenverdichtungen und von FFP-Masken. Wie kam es zu dieser Kombination?
Julia Jäcklin: Mein Großvater gründete das Unternehmen 1935 als Handwerksbetrieb, der den Fokus auf die Instandsetzung und Ersatzteillieferung für die Textilindustrie in Augsburg richtete. Schon zehn Jahre später hatte der Betrieb den Charakter eines industriellen Produktionsbetriebs. In den 1980er-Jahren übernahmen seine Söhne Walter und Helmut die Geschäftsführung. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, investierten sie laufend in modernste Produktionstechnologien. Das hat sich bis heute nicht geändert. Wir halten am Standort Deutschland fest, weil wir hochwertige Qualitätsprodukte herstellen wollen. Das gilt sowohl für die Schraubenverdichter als auch für die Masken, die wir Anfang 2020 mit Beginn der Pandemie ins Portfolio aufnahmen und die heute, abhängig von der Jahreszeit, 30 bis 40% des Umsatzes ausmachen.
Wirtschaftsforum: Schraubenverdichter bilden demnach den Schwerpunkt des Portfolios. Was kennzeichnet die Produkte?
Julia Jäcklin: Unser Hauptfokus liegt auf Schraubenverdichter für die Zugindustrie; nur sehr wenige Verdichter gehen an andere Industriezweige. Die Produkte sind Teil des Kompressors in einer Lok, sie müssen regelmäßig gewartet werden und halten in der Regel 30 Jahre lang. In jedem Schraubverdichter sind Rotoren, die wir auch als Einzelprodukte anbieten. Mit den Schraubenverdichtern nehmen wir in Deutschland eine Ausnahmeposition auf dem Markt ein. Es sind relativ komplexe Produkte, die lange halten müssen, da ist unsere langjährige Erfahrung ein großes Plus. Als einziger deutscher Anbieter von Schraubenverdichtern für die Zugindustrie können wir auf Mitarbeiter mit einem umfassenden Know-how setzen. Ihr Wissen ist unsere Stärke. Davon profitieren nicht zuletzt die Kunden; unser Hauptkunde im Bereich Schraubenverdichtung ist Knorr-Bremse, ein Hersteller von Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge, der wiederum Konzerne wie Siemens beliefert.
Wirtschaftsforum: Welchen Einfluss nahm Corona auf die Unternehmensentwicklung?
Julia Jäcklin: Unser größtes Problem war die Preisexplosion bei den Rohmaterialien, vor allem bei Stahl. Weil wir mit der Zugindustrie sehr langfristige Verträge haben, hatten wir keine Umsatzeinbußen. Ein weiterer Pluspunkt ist unser großes Lager; die Lieferfähigkeit aufrecht zu erhalten, ist für die Branche essenziell.
Wirtschaftsforum: Mit Corona kamen auch die Masken. Wie kam es, dass Jäcklin hier so schnell aktiv wurde?
Julia Jäcklin: Wir sind Produzent und haben uns zu Beginn der Coronakrise mit FFP2-Masken auseinandergesetzt. Ein Bekannter verkaufte Maschinen für die Maskenherstellung, die wir uns angeschaut haben. Auch die Politik kam auf uns zu, so dass wir Anfang 2020 die Entscheidung trafen, mehrere Produktions- und Prüfmaschinen zu kaufen. Unser Ziel war, nachhaltig geprüfte Produkte zu garantieren. Heute haben wir zwei verschiedene Bereiche in unterschiedlichen Hallen. Pro Schicht werden in der Medical-Halle 26.000 Masken hergestellt, die Qualitätsprüfung spielt dabei eine große Rolle. Uns ist es sehr wichtig, uns von der asiatischen Ware zu distanzieren. Dort werden völlig andere Materialien verarbeitet, viele asiatische Masken enthalten Schwermetalle und sind gesundheitsgefährdend, wenn man sie lange trägt. Wir vertreiben die Masken unter anderem an die Rewe-Gruppe sowie Kliniken wie Großhadern in München und die Uniklinik in Augsburg und haben zudem Kunden in der Schweiz und Österreich. Die französischen Kliniken müssen französische, also inländische Masken kaufen, ein Ansatz, den ich persönlich sehr gut finde.
Wirtschaftsforum: Viele Corona- Regeln laufen in Deutschland aktuell aus, auch die Maskenpflicht beschränkt sich nur noch auf bestimmte Bereiche wie Krankenhäuser, Pflegeheime oder Busse und Bahnen. Wie blicken Sie angesichts dieser Entwicklung nach vorn?
Julia Jäcklin: Wir hoffen natürlich, dass Kliniken und Ärzte uns treu bleiben. Wir wollen auf jeden Fall dieses zweite Standbein aufrechterhalten. Angesichts der demographischen Entwicklung spielt die Versorgung älterer Menschen eine immer größere Rolle; hier sehen wir großes Potenzial. Entscheidend wird dabei die Unabhängigkeit von Asien sein. Europa muss selbstständig versorgt werden können; im Medizinbereich muss Europa autark werden. Momentan kommt beispielsweise das häufig verwendete Narkosemittel Propofol aus China, Antibiotika aus Indien. Unser Ziel ist, an der Produktion in Deutschland festzuhalten; wir wollen die Produktion von FFP-Masken aus Fernost zurück nach Deutschland holen. Für die Masken verarbeiten wir vier Lagen hochwertiger Vliesstoffe und eine Lage Meltblown, Individualisierungen durch Logos oder Schriftzüge sind möglich; mit dieser Qualität setzen wir Maßstäbe. Gleichzeitig wollen wir unseren Mitarbeitern einen sicheren und attraktiven Arbeitsplatz bieten. Wir legen großen Wert auf Ausbildung; 10 bis 15% der unserer Mitarbeiter sind Auszubildende. Was mich persönlich sehr erfreut ist der hohe Frauenanteil hier im Unternehmen. Frauen sind vor allem für die Qualitätsprüfung der Masken verantwortlich; wir haben die Erfahrung gemacht, dass sie geduldiger, konzentrierter und sorgfältiger arbeiten und damit entscheidend für die Qualitätssicherung sind.