„Wirtschaftlicher Erfolg verpflichtet“

Interview mit Bianca Dettmar, Geschäftsführerin der Dr. Ausbüttel & Co. GmbH

Wirtschaftsforum: Frau Dettmar, nennen Sie uns doch bitte ein paar Meilensteine in der langen Geschichte von Dr. Ausbüttel.

Bianca Dettmar: Die Firma wurde 1894 von Julius Emil Ausbüttel, dem Urgroßvater des jetzigen Inhabers und Geschäftsführers Stephan Kohorst, in Dortmund gegründet. 1995 ist Stephan Kohorst in das Unternehmen eingetreten und hat den Fokus auf Verbandsstoffe gelegt. Seit 1998 binden wir Werkstätten für Menschen mit Behinderung ein, indem wir von ihnen Verpackungstätigkeiten durchführen lassen. 2004 haben wir erstmals ein Produkt zur chronischen Wundversorgung ins Sortiment aufgenommen und sind in diesem Produktsegment heute im Markt für ambulante Wundversorgung die Nummer 2.

2007 haben wir als Produktinnovation ein therapeutisches Okklusionspflaster für Kinder eingeführt, das große Motive zeigt, die sich die Kinder aussuchen können. Dies erhöht die Kooperationsbereitschaft der Kinder bei der Behandlung von funktionell bedingten Sehschwächen. Nachdem der Unternehmenssitz 70 Jahre in Witten-Annen war, sind wir 2019 zurück nach Dortmund gezogen, wo wir große Expansionsmöglichkeiten haben, um das zweistellige Wachstum der letzten 17 Jahre fortsetzen zu können.

Wirtschaftsforum: Wie verlief Ihr Weg bei Dr. Ausbüttel?

Bianca Dettmar: Ich habe 2006 in Teilzeit als Produktmanagerin für das Piratoplast Augenpflaster angefangen. 2014 wurde ich Marketingleiterin und 2015 Prokuristin. Seit Januar 2020 bin ich als Geschäftsführerin tätig. Als COO habe ich die operative Leitung inne und darüber hinaus die Leitung des Marketings an der Schnittstelle zur Produktentwicklung. Stephan Kohorst ist als CEO mit den Zukunftsthemen befasst.

Wirtschaftsforum: Was konnten Sie in Ihrer jetzigen Position bereits bewegen, und was möchten Sie noch erreichen?

Bianca Dettmar: Ein Schwerpunkt wird in diesem Jahr darauf liegen, unsere Kundenorientierung weiter zu verbessern. Der Kunde soll aus der Zusammenarbeit mit uns einen größtmöglichen Nutzen ziehen. 2020 haben wir eine Wunddokumentationsapp für medizinische Fachkräfte, die Hausbesuche machen, eingeführt und unsere Website draco.de um viele für die Kunden wertvolle Inhalte erweitert. Zur Beratung und Unterstützung der Apothekenmitarbeiter setzen wir statt bisher einem nun drei Regionalvertriebsleiter ein. Mir persönlich steht nach wie vor das Thema Marketing nahe, aber auch die Verbesserung interner Prozesse liegt mir am Herzen.

Wirtschaftsforum: Welche Produkte bieten Sie an?

Bianca Dettmar: Über 50% unseres Umsatzes werden durch Produkte der modernen Wundversorgung generiert, darunter solche, die chronische Wunden durch ein ideal-feuchtes Wundklima heilen. Wir haben spezielle Produkte für infizierte Wunden oder auch eine fragile Wundumgebung. Mit Blick auf das begrenzte Budget der Ärzte bieten wir diese trotz hoher Qualität zu relativ niedrigen Preisen an. Unsere Kunden sind Pharmagroßhandel, Apotheken und indirekt die verordnenden Arztpraxen. Weiterhin bieten wir sterile Wundverbände zur Erstversorgung. Mit dem Piratoplast Augenpflaster sind wir Marktführer. Zum Produktspektrum zählen wir auch unsere Services wie Fortbildungen oder Apps. Unser Ziel ist immer, für eine Indikation Lösungspakete anzubieten. Wir denken daher über das Produkt hinaus, wollen innovativ sein im Sinne des Anwenders und zukünftig auch entsprechende Produkte auf den Markt bringen.

Wirtschaftsforum: Wie entwickelt sich Ihre Branche?

Bianca Dettmar: Es gibt mehr chronische Wunden. Das hängt mit der demografischen Entwicklung zusammen, da vorwiegend ältere Menschen davon betroffen sind, aber auch mit der Lebensführung. Diese Wunden verursachen nicht nur Schmerzen, sondern bedeuten für die Patienten auch eine Einschränkung an sozialer Teilhabe. Ein anderer Punkt ist die neue europäische Medizinprodukteverordung MDR, die für mehr Patientensicherheit sorgt, aber auch mit sehr viel Regulatorik verbunden ist. Für kleinere Hersteller ist sie sehr schwer zu erfüllen, sodass von einer Marktbereinigung auszugehen ist, die für die Branche und die Patienten nachteilig sein kann. Bei uns binden diese Regulatorien zudem viele Ressourcen. Hier würde ich mir wünschen, dass die Politik in engem Austausch mit den Medizinprodukteherstellern bleibt und nicht Entscheidungen ‘am grünen Tisch’ fällt, um tatsächlich eine bessere Patientenversorgung zu erreichen.

Wirtschaftsforum: Welche Ziele haben Sie für die Zukunft?

Bianca Dettmar: Wir wollen Partner in der Wundversorgung werden und dadurch die Lebensqualität der Patienten und Arbeitsqualität der Behandelnden verbessern. Das wird uns ermöglichen, auch unseren gesellschaftlichen Beitrag zu erhöhen. Wir sind davon überzeugt, dass wirtschaftlicher Erfolg verpflichtet, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Aus diesem Gedanken heraus arbeiten wir unter anderem mit den Werkstätten für Menschen mit Behinderung zusammen. Für mich persönlich ist die Arbeit hier sehr bereichernd und stellt einen wertvollen Teil meines Lebens dar.

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