„Hineingehen in das Unbekannte“

Interview mit M.A. Beate Hagedorn, Inhaberin der CBM CONSULT Unternehmensberatung

Wirtschaftsforum: Frau Hagedorn, durch die Corona-Pandemie ist viel in Bewegung geraten. Die Notwendigkeit, vielleicht auch die Bereitschaft, Dinge zu verändern, scheint gerade besonders groß zu sein. Ist das auch Ihre Erfahrung?

Beate Hagedorn: Definitiv. Die damit verbundenen steigenden Anforderungen und das zunehmende Tempo der Veränderungen führen allerdings oft zu einer Überforderung. Alte Wertewelten brechen plötzlich zusammen.

Wirtschaftsforum: Wer oder was beeinflusst denn diese sich verändernde Wertewelt?

Beate Hagedorn: Werteverschiebung hat mit jedem Einzelnen zu tun. Dazu kommen systemische und globale Aspekte. Aber im Grunde geht es immer darum, sich seine eigene Sicht auf die Dinge bewusst zu machen und sich zu fragen, ob man nicht vielleicht irgendwelchen Täuschungen unterliegt. Wenn zum Beispiel Menschen jetzt, nach den Einschränkungen der Corona-Pandemie, meinen, ihre Freiheit zu reisen ausleben zu müssen, weil sie so lange ‚eingesperrt‘ waren, sollten sie sich fragen, ob das wirklich so war. Von vielen höre ich etwas ganz anderes, nämlich dass diese Zeit der Ruhe sie zum Beispiel ihren Liebsten wieder näher gebracht hat. Es bleibt abzuwarten, ob die positiven Aspekte in den Köpfen bleiben oder ob wir wieder zur alten Normalität zurückkehren werden. Vielleicht wird man zu einer Mischform kommen.

Wirtschaftsforum: Wie ist es zu erklären, dass Menschen alle Vorsichtsmaßnahmen wie Abstandsregeln und Masken ignorieren und damit auch andere gefährden?

Beate Hagedorn: Das ist eigentlich eine natürliche menschliche Reaktion. Unser Körper reagiert nach archaischen Mustern. Wenn wir uns in irgendeiner Form bedroht fühlen, wird der Instinkt des Selbstschutzes geweckt, und wir nehmen eine egoistische Haltung ein. Das kann zu irrationalem Verhalten oder sogar dem Leugnen der Existenz des Virus gehen. Das Soziale tritt in den Hintergrund, es geht nur noch um mich. Das passiert umso intensiver, je mehr Stress wir ausgesetzt sind, je mehr Unbehagen wir verspüren.

Wirtschaftsforum: Hat die Corona-Pandemie Ihnen Angst gemacht?

Beate Hagedorn: Ja, was meine berufliche Existenz angeht. Da ich mich immer an die Hygieneregeln gehalten habe, hatte ich wenig Angst vor Ansteckung. Meine größte Angst ist der oft gehörte Wunsch nach Rückkehr in die ‚Normalität‘. Auf die Natur hatte die Pandemie viele positive Effekte wie saubereres Wasser und weniger Lärm im Meer, gefährdete Arten erholen sich. Vielen Menschen fehlt aber die Vorstellungskraft für eine bessere Zukunft. Sie haben Angst, Lebensqualität einzubüßen. Daher gibt es Widerstand gegen Veränderungsprozesse. Innovationsprozesse sind immer ein Hineingehen in das Unbekannte, und dafür brauchen wir einander. Um die großen, komplexen Probleme zu lösen, müssen wir Menschen, Branchen und Ressorts miteinander verbinden, anstatt Schuldzuweisungen zu machen.

Wirtschaftsforum: Das Hineingehen in das Unbekannte ist es also, was uns so schwerfällt?

Beate Hagedorn: Ja, das ist die größte Herausforderung. Vielleicht gelingt es uns, Vorurteile abzubauen und einzelne Menschen anzunehmen. Aber gelingt es uns auch, uns mit dem Ganzen zu vernetzen und uns darauf einzulassen? Hier setzt dann wieder die Angst ein.

Wirtschaftsforum: Angst ist ja nicht per se schlecht. Wie können wir besser mit unserer Angst umgehen und ihre positiven Aspekte nutzen?

Beate Hagedorn: Richtig, Angst ist überlebenswichtig. Es gilt herauszufinden, bis zu welchem Punkt sie noch gesund ist. In das Unbekannte hineinzugehen kann uns überfordern, und oft spüren wir nicht einmal, dass wir ängstlich sind. Wir haben ein bisschen verlernt zu spüren, wie es uns geht. Wenn dieses Bewusstsein verloren geht, fallen wir in alte Muster und archaisches Verhalten zurück. Wir brauchen wieder mehr Bauchgefühl.

Wirtschaftsforum: Wie können Sie in diesem Prozess helfen?

Beate Hagedorn: Globalisierung und Digitalisierung führen dazu, dass wir immer weniger Momente der Klarheit haben, bei gleichzeitig steigender Komplexität. Es ist wichtig, diese Komplexität zu entschlüsseln und herauszufiltern, was uns den nachhaltigsten Nutzen bringt. Das ist eine meiner Aufgaben. Ich helfe den Menschen den Mut zu haben, dies ganzheitlich anzugehen, beginnend bei der Führungskraft bis hin zum globalen Kontext, in den das Ganze eingebettet ist. Unsere Leadership-Retreats, weit ab von der Hektik des Alltags, bieten hierfür den idealen Raum.

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