Bee-Rent: Mit der Biene im Bunde

Interview mit Dieter Schimanski, Geschäftsführer der Bee-Rent GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Schimanski, Sie selbst sind seit vielen Jahren Imker. Wie ist die Idee entstanden, mit der Vermietung von Bienenvölkern unternehmerisch tätig zu werden – und stand dabei die ökologische oder die unternehmerische Ambition im Vordergrund?

Dieter Schimanski: Im Prinzip hatte die Idee einen ökologischen Anfang, der dann in ein Business-Konzept übergegangen ist. Mir war klar: Der Biene muss geholfen werden, und helfen kann ihr nur der Imker. Zwar werden im Sinne der biologischen Nachhaltigkeit schon seit längerem Blumenwiesen und Randstreifen für Insekten gestaltet, aber die Honigbiene hat in Deutschland ein anderes Problem: Sie wird von einer Milbenart getötet, wenn wir Imker ihr nicht helfen und sie dagegen behandeln.

Auf traditionellem Weg können Sie mit der Biene in Europa aber kaum Geld verdienen. Der Verkauf von Honig und Wachs ist für die meisten kein sonderlich einträgliches Geschäft, weswegen nur einer von 100 Imkern in Deutschland Berufsimker ist. Es musste also ein Konzept her, das Imkern sexy macht. Und wann ist etwas sexy? – Wenn man damit Geld verdienen kann. Wir wollten die Biene also für Unternehmen attraktiv machen und ihnen anbieten, Bienenvölker zu mieten, dabei etwas Gutes zu tun und einmal im Jahr den eigenen Honig zu bekommen.

Dieter Schimanski
„Es musste ein Konzept her, das Imkern sexy macht. Und wann ist etwas sexy? – Wenn man damit Geld verdienen kann.“ Dieter Schimanski

Wirtschaftsforum: Welchen wirtschaftlichen Anreiz haben Unternehmen, um in die Artenvielfalt und die Rettung der Bienen zu investieren?

Dieter Schimanski: Das wirtschaftliche Element ist für unsere Kunden nicht der zentrale Grund, um mit uns zusammenzuarbeiten. Aber weil fast jeder von uns mittlerweile täglich mit dem Thema Nachhaltigkeit konfrontiert ist und sich damit aktiv auseinandersetzt, ist so gut wie jedes Unternehmen bestrebt, sich ökologisch zu engagieren.  Die allermeisten Firmen machen sich schon seit langer Zeit intensiv darüber Gedanken, wie sie Strom und Wasser sparen können, sie versuchen, so wenige E-Mails auszudrucken wie möglich, und setzen ab einer bestimmten Größe auch Umweltbeauftragte ein. Viele Firmen überlegen dann auch, in Nachhaltigkeit zu investieren, die nicht nur ihr primäres Geschäftsfeld betrifft, sondern mit der sie sich sowohl nach innen gegenüber ihren Mitarbeitern als auch nach außen gegenüber ihren Kunden und Lieferanten profilieren können. Dabei unterschätzen die Unternehmen nicht selten noch, welch großen Anklang sie mit ihrer ökologischen Ambition finden.

Ein Beispiel: Als wir vor kurzem bei einem Kunden ein Bienenvolk aufgestellt haben, an einem Standort, wo etwa 200 Mitarbeiter tätig sind, kam eine Viertelstunde vor der Übergabe der Geschäftsführer auf mich zu und bat mich, eine kurze Ansprache zu halten. Er habe den Mitarbeitern freigegeben und ein gutes Dutzend würde sicherlich kommen, um der Veranstaltung beizuwohnen. Schließlich wollte sich das aber die halbe Belegschaft nicht entgehen lassen und es kamen mehr als 100. Das zeigt sehr anschaulich, welches Interesse die Biene weckt, weil sie unheimlich viele Facetten hat, die wir auch auf uns Menschen abbilden. Das interessiert die Unternehmen – und noch dazu bekommen sie einmal im Jahr den Honig, den sie an ihre Lieferanten, Kunden und Mitarbeiter verschenken können, um so ein weiteres Mal ihre Nachhaltigkeit zu dokumentieren.

„Weil fast jeder von uns mittlerweile täglich mit dem Thema Nachhaltigkeit konfrontiert ist und sich damit aktiv auseinandersetzt, ist so gut wie jedes Unternehmen bestrebt, sich ökologisch zu engagieren.“ Dieter Schimanski
Dieter Schimanski

Wirtschaftsforum: In den USA und Australien, wo die Vermietung von Bienenvölkern bereits ein etabliertes Geschäftsmodell ist, gilt dieses „migratory beekeeping“ auch als Ursache für den plötzlichen Kollaps ganzer Bienenvölker. Welche Vorkehrungen trifft Bee-Rent, um diese negativen Auswirkungen zu verhindern?

Dieter Schimanski: Mit dieser Art der Bienenhaltung haben wir nichts zu tun. In den USA gibt es Bienenzüchter und Imker, die mit gigantischen Volumen von 10.000 bis 15.000 Bienenvölkern operieren und sie alle paar Wochen auf LKWs ein Stückchen weiter durch die Klimazone karren, um der Mandelblüte zu folgen. Das ist absolute Massentierhaltung und purer Stress für die Bienen.

Bee-Rent hat einen völlig anderen Ansatz: Wir vermieten Bienen nicht an Großbetriebe, die irgendwo über Quadratkilometer ihre Mandelbäume haben, welche in Europa zudem gar nicht heimisch sind. Bei uns mieten Kunden beispielsweise vierzig Bienenvölker, die dann an vierzig Standorten in Deutschland stehen. Diese Dezentralität ist optimal für die Natur, die Biene und die Bestäubung. Unser primäres Ziel ist es nicht, die Biene bis an ihre Leistungsgrenze zu bringen, wie es beim „migratory beekeeping“ in Amerika der Fall ist. Im Vordergrund stehen die Bienenhaltung und die Nachhaltigkeit. Unsere Kunden nehmen unser Angebot über viele Jahre hinweg in Anspruch, und während der gesamten Zeit bleibt der Standort den jeweiligen Völkern erhalten. Das ist bei keinem anderen Imker so.

Galerie: Bee-Rent GmbH

Wirtschaftsforum: Die Vermietung von Bienenvölkern setzt einen hohen Aufwand und etwa ein Dutzend Imkerbesuche beim Kunden pro Jahr voraus. Trotzdem bieten Sie Ihren Service schon ab 179 EUR pro Monat an. Wie kann Bee-Rent unter diesen Umständen nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich nachhaltig sein?

Dieter Schimanski: Ja, wir müssen relativ häufig zu der Biene, aber meistens bleibt es bei einem sehr kurzen Besuch, um nach dem Rechten zu sehen oder schnell ein Mittel zu verabreichen. So können wir an einem Tag bis zu 20 Bienenvölker besuchen. Natürlich ist das ein riesiger Kostenfaktor für uns. Wir haben ihn aber von Anfang an bedacht und sind schon bei unseren ersten Berechnungen zu dem Ergebnis gekommen, dass das auch wirtschaftlich funktioniert – nicht nur für uns, sondern auch für die Imker: Denn in der klassischen Imkerei müssen Sie noch häufiger zu Ihren Bienen und als Erlös haben Sie dann nur den Honig, mit dem Sie lediglich ein Drittel der Umsätze erzielen können, die Bee-Rent bietet. Deshalb haben wir in Deutschland schon 25 Franchise-Nehmer, darunter gestandene Berufsimker, die in der Zusammenarbeit mit uns eine Zukunft sehen, während sie mit der klassischen Imkerei kaum noch in der Lage sind, ihre Kosten zu decken. Die wollen nichts Anderes mehr machen.

Dieter Schimanski
„Gemeindliche Grünflächen, öffentliche Grünstreifen und Kreisverkehre bieten hektarweise Möglichkeiten, um sie bienengerecht zu bepflanzen und dann ein halbes Jahr nicht abzumähen.“ Dieter Schimanski

Wirtschaftsforum: Fast überall in Europa brechen ökologisch ambitionierte Parteien einen Wahlrekord nach dem anderen. Welche konkreten Maßnahmen wünschen Sie sich von der Politik, um die Artenvielfalt zu erhalten und dem Bienensterben entgegenzutreten?

Dieter Schimanski: Politisch könnte schon auf Landes- und Kommunalebene viel Wirksames bewegt werden. Gemeindliche Grünflächen, öffentliche Grünstreifen und Kreisverkehre bieten hektarweise Möglichkeiten, um sie bienengerecht zu bepflanzen und dann ein halbes Jahr nicht abzumähen. Wenn wir diese Flächen bundesweit konsequent bienenfreundlich gestalten würden, wäre das ein Riesenerfolg. Gleichzeitig müssen wir sicherlich bei den Menschen immer weiter die Erkenntnis schärfen, was jeder Einzelne von uns tun kann, um den Insekten zu helfen. Das kann in einem Nachhaltigkeitspaket aber nur ein Teil sein. Wer einen Garten oder ein Waldgrundstück hat, kann heimische Arten pflanzen, die Blüten und Nektar liefern, oder Totholz liegen lassen, in dem sich Solitärbienen Nistplätze schaffen könnten. Auch Insektenhotels sind ein schöner Beitrag.

Interview: Julian Miller | Fotos: Bee-Rent GmbH

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