Architekten der Digitalisierung

Interview mit Michael Waldbrenner, Geschäftsführer der Deutsche Telekom Clinical Solutions GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Waldbrenner, Corona hat die Welt auf den Kopf gestellt. Wie hat sich die Pandemie auf Ihr Unternehmen ausgewirkt?

Michael Waldbrenner: Hier muss man unterscheiden zwischen dem reinen Geschäft und den Menschen, die natürlich viel wichtiger sind. Für die Mitarbeiter war Corona eine enorme Umstellung; wir haben in einigen Bereichen sehr früh mit Split-Offices begonnen. Weil wir Teil der kritischen Infrastruktur in Krankenhäusern sind, mussten wir sicherstellen, dass wir arbeits- und einsatzbereit blieben. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten hat sich das Homeoffice schnell eingespielt. Von Vorteil ist natürlich, dass jeder Mitarbeiter die technische Infrastruktur zu Hause hat, alle Mitarbeiter sind mit Notebooks ausgestattet. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Konzern alles sehr schnell und professionell umgesetzt hat. Wenn wir an das eigentliche Business denken, muss man sagen, dass, wenn Berater nicht mehr zu den Kunden können, ein Teil des Geschäfts wegbricht. Plötzlich waren ganz andere Skills gefragt und wir mussten komplett umdenken.

Wirtschaftsforum: Sie haben Ihr erstes IT-Unternehmen 1984 gegründet. Dieses ist 2005 in die Tieto GmbH migriert. Unter den Namen Brightone wurde der Healthcare-Bereich 2014 verkauft und firmiert seitdem unter den Namen Deutschen Telekom Clinical Solutions GmbH. Was steckte hinter dieser Entscheidung?

Michael Waldbrenner: Es hat sich einfach gezeigt, dass eine solide Finanzierung mit eigenen Mitteln nicht mehr möglich war. Mit einem strategischen Partner wie T-Systems eröffneten sich neue Perspektiven, das Portfolio konnte auf eine breitere Basis gestellt werden. Für eine große Dynamik sorgte dann die mobile Entwicklung; Informationen konnten überall und für jeden im Krankenhaus verfügbar gemacht werden. Das war ein Riesenschritt.

Wirtschaftsforum: Wie sieht das Portfolio heute aus?

Michael Waldbrenner: Im gesamten Telekom-Konzern sind heute 700 Health Care Experten, die in Krankenhäusern, Krankenversicherungen, Reha-Kliniken, Sanitätshäusern und im Heil- und Hilfsmittelmanagement vertreten sind. Mit den Konzerndienstleistungen konnten wir uns zu einem Fullservice-Anbieter entwickeln mit Fokus auf Cloud-Lösungen, Security, Telekommunikationslösungen, Rechenzentren und sichere Infrastruktur; diese breite Aufstellung ist im Klinikbereich entscheidend, um den Rückstand aufzuholen. Ein zentrales Thema hier ist natürlich das Krankenhauszukunftsgesetz. Darin geht es um elf verschiedene Themen, zehn haben mit der IT zu tun. Wir decken 90% des Spektrums im Gesundheitswesen ab, was unsere Leistungsstärke in diesem Bereich unterstreicht.

Wirtschaftsforum: Gibt es bestimmte Produkt-Highlights?

Michael Waldbrenner: Unser Klinikinformationssystem iMedONE ist ein Highlight. Wir konnten 11% der deutschen Krankenhäuser mit diesem modernen Informationssystem versorgen, welches das effektive Arbeiten von Ärzten und Pflegekräften unterstützt und gleichzeitig Verwaltungsdaten generiert, die man braucht, um eine Klinik zu steuern. Es ist tatsächlich so, dass die meisten Kliniken auch heute noch mit Papierakten arbeiten. iMedONE ist eine hochsichere, komfortable Lösung, die ein papierloses Krankenhaus ermöglicht. Eine Besonderheit ist die closed loop medication, mit der sichergestellt werden kann, dass das richtige Medikament zum richtigen Zeitpunkt dem richtigen Patienten in der richtigen Gabe verabreicht wird. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Telematik-Infrastrukturen, sichere Austauschstrukturen für verschlüsselte Daten im Gesundheitswesen, die den Aufbruch des Gesundheitswesens ins digitale Zeitalter markieren. Wir sind einer der Anbieter, die Konnektoren und Lösungen für die Telematik-Infrastruktur anbieten. Bei KIM-Modulen (Kommunikation im Medizinwesen) sind wir ein Marktführer. Dieser neue Kommunikationsstandard ermöglicht eine sichere, digitale Kommunikation zwischen allen Beteiligten.

Wirtschaftsforum: Mit diesen Leistungen ist die Deutsche Telekom Clinical Solutions sicherlich einer der Vorreiter, wenn es um die Digitalisierung im Gesundheitswesen geht. Was sind für Sie Gründe für diese Ausnahmestellung am Markt?

Michael Waldbrenner: Für mich sind die Mitarbeiter auf jeden Fall das wertvollste Asset überhaupt. Hier gibt es eine große Offenheit, jeder kann seine Meinung offen äußern, und sie wird ernstgenommen. Ein weiterer Punkt ist die konsequente Kundenorientierung. Produktentwicklung findet hier nicht zum reinen Selbstzweck statt, sondern um Kunden wie Krankenhäuser und Krankenversicherungen weiterzuhelfen. Nicht zuletzt spielt die Unternehmenskultur eine zentrale Rolle. Die Farbe Magenta und das T vereint alle. Wir sind eine große Familie mit gleichen Wertvorstellungen, arbeiten in einer sinnstiftenden Branche, was sehr motivierend ist.

Wirtschaftsforum: Wie beurteilen Sie die weitere Entwicklung der Branche und, vor diesem Hintergrund, wo sehen Sie die Telekom Clinical Solutions?

Michael Waldbrenner: Der Trend zu Konsolidierungen bei Kliniken und Anbietern wird weiter anhalten. Nur große Full-Service-Anbieter werden sich langfristig durchsetzen; schließlich gibt es hohe gesetzliche Hürden. Ich gehe davon aus, dass die intersektorale Zusammenarbeit verstärkt wird und es fließendere Grenzen zwischen Arzt, Krankenhaus, Reha-Klinik und ambulanter Pflege und Versorgung geben wird. Über all diese Einheiten wird es nur ein Budget geben und nur der, der alle Teilaspekte bedient, wird in fünf Jahren noch eine Rolle spielen. Damit sehe ich uns gut aufgestellt für künftige Herausforderungen.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Gesundheit, Medizin & Pharma

Präzision, Kontinuität und Leidenschaft

Interview mit Linus Diener, COO der Diener AG Precision Machining

Präzision, Kontinuität und Leidenschaft

Ein Familienunternehmen auf operativer Ebene zu übernehmen und langfristig in eine erfolgreiche Zukunft zu führen, ist eine Herausforderung – erst recht, wenn man sich kurzfristig flexibel in eine solche Position…

Prozesse sowohl abbilden als auch ausführen

Interview mit Marco Idel, Geschäftsführender Gesellschafter der sycat IMS GmbH

Prozesse sowohl abbilden als auch ausführen

Das Jahr 2024 steht für die sycat IMS GmbH aus Hannover unter mehreren Mottos. Zum einen feiert das Softwarehaus sein 30-jähriges Bestehen und blickt dabei auf drei erfolgreiche Jahrzehnte als…

Effektive HRM-Lösungen für Erfolg im Personalwesen

Interview mit Norbert Rautenberg, Geschäftsführer und Andreas Grohn, Teamlead Marketing & Communication der rexx systems GmbH

Effektive HRM-Lösungen für Erfolg im Personalwesen

In der modernen Arbeitswelt ist effizientes Human Resource Management entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens. In diesem Zusammenhang spielt die richtige HR-Software eine entscheidende Rolle. HR-Softwarelösungen bieten Unternehmen die Möglichkeit,…

Spannendes aus der Region Mannheim

Leistung – der Schlüssel zum Erfolg – im Sport und in der Wirtschaft

Interview mit Eicko Schulz-Hanßen, Geschäftsführer der Golf Club St. Leon-Rot Betriebsgesellschaft mbH & Co. KG

Leistung – der Schlüssel zum Erfolg – im Sport und in der Wirtschaft

Ein Wirtschaftsunternehmen und ein Sportverein – auf den ersten Blick eine ungewöhnliche Verbindung. Tatsächlich aber gilt für beide Ökosysteme ein verbindendes Prinzip: das der Leistung. Die Sportwelt bietet hier wertvolle…

Die Schlüsseltechnologie der Zukunft

Interview mit Gunnar Clemenz, Geschäftsführer der Frigotrol Kältemaschinen GmbH

Die Schlüsseltechnologie der Zukunft

Das zunehmende Bewusstsein für die Nutzbarkeit erneuerbarer Energien und die schrittweise Abkehr von fossilen Energieträgern bereiten den Weg für die Wärmepumpentechnologie – eine der nachhaltigsten Arten zu heizen, indem Umgebungsenergie…

„Die Energiewende ist für uns alle eine Chance!“

Interview mit Sebastian Ebert, Prokurist der Südkabel GmbH

„Die Energiewende ist für uns alle eine Chance!“

Wer immer nur auf mögliche Risiken der Energiewende verweist, verstellt damit den Blick auf das enorme Potenzial, das eine erfolgreiche Transformation für Deutschland als Wirtschaftsstandort bedeuten kann, meint Sebastian Ebert,…

Das könnte Sie auch interessieren

„Klein und fein – ein Kongresshaus wie die Schweiz“

Interview mit Michel Loris-Melikoff, CEO der Kongresshaus Zürich AG

„Klein und fein – ein Kongresshaus wie die Schweiz“

Auf 5.300 m2 multifunktionaler Veranstaltungsfläche finden im Kongresshaus Zürich nicht nur Tagungen, Workshops und Hauptversammlungen, sondern auch erlesene Konzerte und spannende Kultur-Events statt. Welche Veränderungen die Pandemie mit sich brachte…

Die Piste genießen, die Natur bewahren

Interview mit Necip Lucian, Geschäftsführer der Bergbahn Lech-Oberlech GmbH & Co. KG

Die Piste genießen, die Natur bewahren

Schneesicherheit. Das Zauberwort für eine erfolgreiche Wintersaison und ein ungetrübtes Pistenvergnügen. Im Skigebiet Lech-Oberlech in Österreich ist Skifahren häufig von Dezember bis April möglich. Die Bergbahn Lech-Oberlech GmbH stellt sich…

Für eine luftdichte Verbindung

Interview mit Stefanie Bindzus, Geschäftsführerin der ITV GmbH

Für eine luftdichte Verbindung

In der Pneumatik wird Druckluft oder Gas zum Antrieb von Werkzeugen oder Maschinen verwendet. Dazu werden Steckverbinder und Systeme benötigt, um die Luft sicher von A nach B zu bringen.…

TOP