Die Kanülen-Experten

Interview mit Rainer Wiegmann, Geschäftsführer der Acti-Med GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Wiegmann, was sind wichtige Produkte in Ihrem Sortiment?

Rainer Wiegmann: Unser Sortiment gliedert sich in zwei Bereiche, in Ready-for-Cleanroom (R4C) und Ready-for-Market (R4M). Im Bereich R4C geht es vor allem um Rohkanülen, die als pharmazeutische Packmittel eingesetzt werden, wie zum Beispiel Kanülen für vorfüllbare Einmalspritzen, für Nasensprays gegen Migräne oder für die Einführung von pharmazeutisch aktiven Implantaten. Im Bereich R4M konzentrieren wir uns auf die Montage, Verpackung und Sterilisation von medizinischen Einmalgeräten, insbesondere für die Onkologie, die Dermatologie, die Schmerztherapie, aber auch für die Veterinärmedizin. Über die Kanülen hinaus gehören noch Push Rods, Lanzetten und Assemblies oder Umspritzungen zu unserem Produktportfolio.

Wirtschaftsforum: Welche Innovationen und Neuentwicklungen gibt es im Portfolio?

Rainer Wiegmann: Wir haben vor Kurzem ein Hilfsmittel zur Tumormarker-Applikation für die gezielte Behandlung von Brustkrebs mitentwickelt. Weitere Beispiele sind eine vierfach gebogene Kanüle und Kanülen mit Mikrolöchern.

Wirtschaftsforum: Sie sind international aufgestellt. Was sind heute wichtige Regionen für Acti-Med und wo sehen Sie Potenzial für die kommenden Jahre?

Rainer Wiegmann: Die USA sind der kommende Markt. Dort verzeichnen wir zurzeit ein Umsatzwachstum von rund 20%. Wir sehen hier noch viel unausgeschöpftes Potenzial. Aktuell ist Europa mit rund 65% Anteil am Geschäftsvolumen unsere wichtigste Region. Vor allem Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich, Schweden, England und die Schweiz sind starke Märkte für uns. Aufgrund der Lieferkettenproblematik der vergangenen Jahre überprüfen viele medizintechnische Unternehmen ihre Lieferantenstruktur. Der Markt wird wieder europäischer.

Wirtschaftsforum: Was unterscheidet Acti-Med von anderen Anbietern?

Rainer Wiegmann: Abgesehen von der Qualität unserer Produkte und unserer Entwicklungsstärke ist es sicherlich auch unsere Kundennähe. Wir sind im Herzen Europas zentral gelegen und verfügen über ein gutes Netzwerk in alle Richtungen. Durch unseren engen Kundendialog haben wir unser Ohr immer am Markt und erkennen frühzeitig neue Trends und Bedürfnisse. Über den Verbund innerhalb von Jecture können wir unser Produktsortiment noch breiter und kostengünstiger aufstellen und sind offen für neue Anforderungen. Wir bleiben immer realistisch und machen keine falschen Versprechungen. Aber wir gehen mit unseren Kunden durch dick und dünn und halten auch in schwierigen Zeiten zu ihnen.

Wirtschaftsforum: Wie haben die Pandemie und der Ukrainekrieg Ihren Markt und Ihr Geschäft beeinflusst?

Rainer Wiegmann: Unser Markt und auch die Nachfrage nach unseren Produkten sind während der Pandemie stabil geblieben. Der Krieg ist ein Preistreiber für Energie und Kunststoff. Das Rohmaterial für Kanülen kommt teilweise aus dem asiatischen Raum, aus China, Südkorea und Japan. Hier sind die Lieferketten deutlich länger als früher.

Wirtschaftsforum: Was steht auf Ihrer Agenda 2023?

Rainer Wiegmann: Wir werden unseren Transformationsprozess und unsere Projekte konsequent vorantreiben. Um unsere Kapazitäten weiter auszubauen, bekommen wir in Kürze drei neue Maschinen. Wir erwarten für dieses Jahr ein zweistelliges Wachstum, um die 13%.

Wirtschaftsforum: Welches Ziel verfolgen Sie langfristig mit Acti-Med?

Rainer Wiegmann: Wir sind 2021 durch Gilde Healthcare übernommen worden. Gemeinsam mit anderen Unternehmen werden wir in Zukunft verstärkt unter dem Namen der Gruppe ‘Jecture’ auftreten. Mit unserem Schwesterunternehmen EUROPIN sind wir in Europa einer der größten Kanülenhersteller. Unser Investor möchte noch weitere Unternehmen unter dem Dach der Jecture vereinen. Man plant, ein Unternehmen zu formen, das europaweit einer der stärksten Zulieferer im Bereich der Medizintechnik wird. Zurzeit sind wir das Center of Excellence unserer Gruppe. Die beiden anderen Standorte sind hocheffiziente Produktionen. Wir werden also auch vertikal wachsen, zum Beispiel über die Einbindung von Supply Chains.

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