Nischenprodukte mit Wachstumspotenzial

Interview

„Wir haben uns auf die Forschung und Entwicklung von hochwertigen, speziellen Generika, innovativen Medizinprodukten und Nutrazeutika spezialisiert, die unter Lizenz an Pharmaunternehmen für den Vertrieb weltweit angeboten werden“, sagt Antonella Segù, Geschäftsführerin von PH&T. Als Mitbegründerin hat Antonella Segù das Unternehmen mit aufgebaut, das 1991 als Spin-off von einer von Fabrizio Niccolai geführten Gruppe von Managern aus der Pharmaindustrie gegründet wurde.

„Ich habe schon vorher bei der Firma gearbeitet, aus der das Spin-off hervorging“, erklärt sie. „Ich habe eine Ausbildung im Bereich Biologie, bei der ich die Gelegenheit hatte, am CDI, dem Centro Diagnostico Italiano in Mailand, zunächst unterschiedliche Erfahrungen auf dem Gebiet der biochemischen und klinischen Diagnostik zu sammeln. Danach war ich bei der Gruppe Ares Serano AG mit Sitz in Genf verantwortlich für ein Projekt im Bereich Diagnose, auf dem Gebiet der Wachstumspathologie. PH&T gründeten wir auf die Idee, neue Generika für Nischenmärkte zu entwickeln. Sie sind wie dafür gemacht, einen Mehrwert im Portfolio unserer Geschäftspartner zu bieten.“

Wegweisendes Businessmodell

Die Unternehmen können nur durch die Entwicklung neuer Produkte wachsen. In der Pharmabranche ist das aber nicht so einfach und sehr kostenintensiv. Die Gründer von PH&T boten die Lösung mit einem einzigartigen und bereits vor fast 25 Jahren innovativen Businessmodell.

„Mit unserem B2B-Businessmodell waren wir Pioniere in Italien.“
Antonella Segù Geschäftsführerin von PH&T

„Mit unserem Know-how in der Forschung und Entwicklung übernehmen wir die Entwicklung für Firmen, die sich stattdessen auf Marketing und Vertrieb konzentrieren können. Wir geben ihnen unsere Lizenz auf die Produkte und werden so Partner“, erklärt Antonella Segù.

„Dabei machen wir alles, von der Auswahl von zu entwickelnden Produkten über experimentelle pharmazeutische und klinische Studien bis hin zu allen erforderlichen Validierungen. Wir stellen das Dossier für den Antrag auf Zulassung zusammen und oft übernehmen wir auch das ganze Prozedere für die Zulassung in Italien und auf internationalen Märkten. Damit geben wir Kunden die Möglichkeit, ihre Produktpalette zu erweitern, ohne sich selbst mit Forschung und Entwicklung befassen zu müssen. Wir bieten darüber hinaus weitere Dienstleistungen wie die Bereitstellung des Endproduktes, indem wir alle Aktivitäten übernehmen, von der Produktion und Kontrolle bis zum Management der Pharmakovigilanz, die sowohl in Europa als auch in anderen Ländern sehr strengen Standards unterliegt.“

Erfolgskurs mit Hindernissen

Mit dem neuen Businessmodell erlebte PH&T in den Folgejahren eine anhaltend positive Entwicklung. Das Unternehmen wuchs nicht nur auf dem heimischen Markt, sondern auch im Ausland, wo PH&T heute in 40 Ländern weltweit aktiv ist.

„Bis 2008/2009 sind wir ständig gewachsen“, betont Antonella Segù. „Dann gab es einen deutlichen Umsatzrückgang durch die beginnende Wirtschaftskrise. Es folgten schwierige Jahre, vor allem wegen des konstanten Preisverfalls für pharmazeutische Produkte, verursacht durch Restriktionen in vielen Märkten. In der Krise mussten die Staaten ihre Ausgaben zurückfahren und hatten dabei die Preise für pharmazeutische Produkte im Visier, vor allem die für Generika, unseren Kernbereich.

In Italien beispielsweise haben manche Produkte Lieferungskosten, die von der Herstellung bis zum Großhändler bei einem Euro liegen, so viel wie eine Tasse Kaffee. Und das bei einer erheblich höheren Anwendung von Ressourcen und Kapitalanlagen bei der Entwicklung, ohne das Qualitätsniveau für alle Aspekte des Managements des Medikaments zu berücksichtigen, sowohl für die Garantie für die sichere Anwendung als auch für den Kampf gegen Fälschungen. Trotz des Rückgangs haben wir während der schwierigen Jahre weiter investiert, und seit 2013 haben wir wieder angefangen zu wachsen, mit guten Resultaten. Wir erwarten für 2015 ein Wachstum von sieben bis acht Prozent auf 11 Millionen EUR, 90% davon im Export.“

Aufbruch

Für Antonella Segù ist die Übernahme durch die Private-Equity-Gesellschaft Wisequity ein entscheidender Wendepunkt, um PH&T weiter zu konsolidieren und die Position weltweit zu stärken. Neben Europa sind der Nahe Osten und Fernost derzeit wichtige Märkte.

„Wir sind ein zuverlässiger Partner, der alles für die Kunden übernimmt, von der Entwicklung bis zur Markteinführung, und sie auch bei der Vermarktung unterstützt.“
Antonella SegùGeschäftsführerin von PH&T

„Wir haben einen sehr guten Exportzugang nach Hongkong und eine gute Präsenz in Singapur, einem Hub für die nahegelegenen Länder, und wir verhandeln Lizenzen in China. Wir sind präsent in Russland und in einigen Ländern des CIS. In Lateinamerika, einem interessanten Wachstumsmarkt, sind wir in der Registrierungsphase. Dabei sind unsere Nischenprodukte ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Für die deutschsprachigen Märkte würden wir gerne unsere Präsenz entwickeln, sowohl in der Pharma- als auch in der Nutrazeutikaindustrie, die besonders dort, aber auch weltweit ein Wachstumsmarkt sind. Sie machen heute einen kleinen Anteil unseres Umsatzes aus, aber wir denken, dass ihr Potenzial wichtig ist. Unsere Strategie ist es jedoch, Generika weiter zu entwickeln, die keine Massengenerika sind, sondern gut definierte und gepflegte Nischenprodukte mit speziellen medizinischen Zielen. Therapiegebiete von besonderem Interesse für uns sind Atemwege, Augenheilkunde und die sogenannte ‚women‘s healthcare‘. Diese sind wichtige Anwendungsbereiche für unser Know-how.“

Für den Bereich Atemwege hat die Firma beispielsweise Produkte in Pulverform zum Inhalieren, die in Entwicklung sind, und dazu ein Gerät zur Verabreichung der Medikamente kreiert. Für dieses Gerät hat das Unternehmen eine Lizenz zum Verkauf an einige Firmen vergeben.

„In diesem Jahr werden wir ein komplexes, spezielles Generikum auf den Markt bringen, ein Steroid für die Behandlung von allergischem Schnupfen. Mit den Synergieeffekten aus der neuen Gruppe und den größeren finanziellen Ressourcen wollen wir weiter Nischenproduktneuheiten entwickeln, vor allem Supergenerika.“

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