Brücke ins Start-up-Ökosystem auf dem Weg in die digitale Zukunft

Interview mit Florian Nöll, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutsche Startups e.V.

Wirtschaftsforum: Herr Nöll, Sie selbst haben schon als Schüler Ihr erstes Unternehmen gegründet und sind in Sachen Start-up nach weiteren Gründungen ein „alter Hase“. Was fasziniert Sie so sehr am Unternehmertum?

Florian Nöll: Unternehmertum bedeutet für mich mehr als bloß einen Fulltime-Job – Gründen ist eine Lebenseinstellung. Diese Überzeugung muss auch immer gegeben sein, denn um erfolgreich zu gründen, muss man über viele Jahre hinweg Ehrgeiz, Durchhaltevermögen, Kreativität sowie sehr, sehr viel Zeit investieren. Dabei bestätigt mich der Deutsche Startup Monitor in meiner Überzeugung Jahr für Jahr aufs Neue, denn die Lebenszufriedenheit von Start-up-Gründerinnen und Gründern ist höher als die von Angestellten.

„Die Lebenszufriedenheit von Start-up-Gründerinnen und Gründern ist höher als die von Angestellten.“ Florian Nöll
Florian Nöll

Wirtschaftsforum: Eines der Ziele des Bundesverbands Deutsche Startups ist es, die „Startup-Mentalität in die Gesellschaft zu tragen“. Das funktioniert aber nur, wenn auch die politischen Voraussetzungen gegeben sind. Können Sie uns an einem konkreten Beispiel verdeutlichen, welche Positionen Ihr Verband gegenüber der Politik vertritt, wie er sie durchsetzt und welche Erfolge bislang verzeichnet werden konnten?

Florian Nöll: Wir haben natürlich eine sehr breite politische Agenda, die wir Tag für Tag an die Entscheider herantragen. Aus der jüngsten Vergangenheit sticht aber sicherlich unsere Digitalminister-Petition hervor. Im Vorlauf der letzten Bundestagswahl waren sich alle einig, dass wir dringend eine Person brauchen, die dieses Querschnittsthema zentral vereint.

Als der fertige Koalitionsvertrag im Februar veröffentlicht wurde, war davon dann aber nicht mehr die Rede. Wir haben innerhalb von einer Woche mit minimalem Budget eine Petition lanciert und dafür eine breite gesellschaftliche Allianz mobilisieren können. Die Zeitungen schrieben darüber, auch die Tagesthemen berichteten und einige Wochen später wurde nicht nur das Digitalressort zentral im Bundeskanzleramt gebündelt, sondern zudem auch Dorothee Bär als erste Staatsministerin für Digitales präsentiert.

Wirtschaftsforum: Der Bundesverband Deutsche Startups finanziert sich auch über Förderer und Investoren. Welchen Sinn macht es für Unternehmen, Ihren Verband zu unterstützen und welche konkreten Anreize werden ihnen geboten?

Florian Nöll: Der Mehrwert liegt nahe: Keine Institution kann einem etablierten Unternehmen einen besseren Zugang zum Start-up-Ökosystem ermöglichen. Der kann dann zum Beispiel über unsere Fachgruppen, in denen die Start-ups branchenspezifisch organisiert sind, oder aber auch über die Teilnahme an exklusiven Veranstaltungen und Delegationsreisen wie der German Valley Week nach San Francisco stattfinden. Und die alteingesessenen Unternehmen, vom Mittelständler bis zum Dax-Konzern, erkennen vermehrt den Handlungsbedarf und die Bedeutung, die die fortschreitende Digitalisierung für ihr Geschäftsmodell haben wird. Die Brücke ins Start-up-Ökosystem, die wir gebaut haben, erleichtert ihnen diesen Weg in die digitale Zukunft.

Florian Nöll
„Die alteingesessenen Unternehmen, vom Mittelständler bis zum Dax-Konzern, erkennen vermehrt den Handlungsbedarf und die Bedeutung, die die fortschreitende Digitalisierung für ihr Geschäftsmodell haben wird.“ Florian Nöll

Wirtschaftsforum: Wie steht Ihr Verband beispielsweise zu der Gründershow „Die Höhle der Löwen“? Bietet so ein Format wirklich Impulse für Gründer und den Schritt in die Selbstständigkeit?

Florian Nöll: Für die Start-up-Landschaft in Deutschland und den Gründungsgedanken ist es natürlich positiv, wenn ein großer TV-Sender zur Primetime berichtet. Auch die teilnehmenden Unternehmen verzeichnen durch ihre Präsenz einen Vorteil für ihr Geschäft. Gleichzeitig ist es aber wichtig zu betonen, dass die dort vertretenen Start-ups nicht repräsentativ für das hiesige Ökosystem sind, das weitaus vielschichtiger ist. Ich denke da beispielsweise an zahlreiche wegweisende Entwicklungen bei Blockchain oder KI. Hier gehen deutsche Start-ups international voran.

Wirtschaftsforum: Eine persönliche Frage zum Schluss: Inwiefern gibt es für Sie eine Branche, in der Sie die Gründung eines Start-ups besonders reizen würde und was wären die Gründe dafür?

Florian Nöll: Mich reizt besonders das Zusammenspiel von Start-ups und etablierten Unternehmen. Besonders im Zusammenspiel mit dem Mittelstand liegt für alle Unternehmergenerationen ein enormes Potenzial, dass den Wirtschaftsstandort in das digitale Zeitalter befördern und den hart erarbeiteten Wohlstand in Deutschland auch in den kommenden Dekaden sichern kann.

Interview: Markus Büssecker / Fotos: Bundesverband Deutsche Startups e.V.

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