Finanzwelt erklärt: Erfolg hat viele Gesichter: Buffett investiert, Soros spekuliert

Teil 15: Erfolg hat viele Gesichter: Buffett investiert, Soros spekuliert

Wirtschaftsforum: Herr Mudlack, wenn es um erfolgreiche Großinvestoren geht, fällt automatisch der Name Warren Buffett. Ist sein goldenes Händchen bei Investments Zufall oder hat er einen Masterplan?

Benjamin Mudlack: Keine Frage, wenn man über so einen langen Zeitraum unglaublich erfolgreich ist, dann hat man definitiv einen Plan, den man eisern verfolgt und umsetzt. Warren Buffett ist ein Schüler von Benjamin Graham und somit als Value-Investor zu bezeichnen. Er hat klare Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit er in ein Unternehmen investiert. Die wichtigsten Punkte sind:

  • Verfügt das Unternehmen über ein Verbrauchermonopol (keine Massengüter) und ist somit bestimmend in der jeweiligen Branche?
  • Weist das Unternehmen nachhaltig hohe Gewinne mit steigender Tendenz aus?
  • Ist das Unternehmen konservativ (hohe Eigenkapitalquote) finanziert?
  • Hat das Unternehmen Gestaltungsfreiheit bei der Anpassung der Preise an die Inflation?
  • Wie hoch sind die Ertragsmargen?
  • Kann das Unternehmen über einbehaltene Gewinne frei verfügen?
  • Steigert der einbehaltene Gewinn den Unternehmenswert (jeder einbehaltene Dollar sollte mindestens einen Dollar Marktwert schöpfen)?
  • Mit welchem Investitionsaufwand kann das Unternehmen den laufenden Betrieb aufrechterhalten?
  • Kann man das Unternehmen mit erheblichen Abschlag auf seinen Wert kaufen?
  • Wie fähig ist das Management?
  • Ist das Geschäftsmodell einfach nachzuvollziehen?

Buffett ist kein Anhänger von trendfolgenden Modellen, im Gegenteil: Er wartet auf fallende Preise, um ein Unternehmen zu einem für ihn fairen Preis zu erwerben. Sein Ratschlag ist immer sich vorzustellen, dass man das Unternehmen komplett kaufen würde und nicht eine einzelne oder mehrere Aktien. Buffett diversifiziert kaum, Konzentration statt Verzettelung ist das Motto. Er legt das Hauptaugenmerk auf die richtige Auslese und empfiehlt jedem viel zu lesen, insbesondere natürlich auch Unternehmenszahlen und -kennziffern. Der Erfolg gibt ihm Recht. Die Wertentwicklung seiner Holding ist beeindruckend. Während der breite US-Aktienindex S&P 500 von 1965 bis 2015 9,7% pro Jahr zulegte, stieg die Investment-Holding, Berkshire Hathaway von Warren Buffet um jährlich 19,2%. In 50 Jahren den Aktienindex um knapp 10% pro Jahr zu schlagen ist schon beeindruckend und sucht seinesgleichen.

Benjamin Mudlack, Bankkaufmann und Dipl. Wirtschaftsinformatiker
„Buffett diversifiziert kaum, Konzentration statt Verzettelung ist das Motto.“ Benjamin Mudlack

Die Aktie von Berkshire Hathaway ist übrigens mit einem Kurs von 314.345 USD per 27.02.2018 die teuerste Aktie der Welt. Der Normalsterbliche hat jedoch die Möglichkeit sich über die sogenannte Baby-Berkshire, die B-Aktie, zu einem Kurs von aktuell 209,66 USD an Buffetts Unternehmen zu beteiligen. Der größte Kritikpunkt an Buffett ist sicherlich, dass er trotz seiner Freundschaft zu Microsoft-Gründer Bill Gates, mit Ausnahme von IBM und Apple, nicht in Technologie-Unternehmen investiert hat. Da das System Buffett jedoch im Industriezeitalter entstanden ist, haben wir auch an der Stelle eine plausible Erklärung.

Wirtschaftsforum: Während Warren Buffett eher bescheiden auftritt, sieht das bei George Soros anders aus. Gleichwohl gehört er ebenfalls zu den Top-Großinvestoren. Wo sehen Sie die größten Unterschiede in seinen Anlagegrundsätzen zu Buffett?

Benjamin Mudlack: Wir sprachen bereits über den Value-Ansatz von Buffett. Er investiert in Unternehmen, die er sehr dezidiert auswählt und nach wertorientierten Maßstäben analysiert. Während Buffett investiert, spekuliert Soros eher. George Soros hat 1969 den Quantum Fonds als Hedgefonds gemeinsam mit Jim Rogers, einer weiteren Investmentlegende, gegründet. Soros agiert wesentlich aggressiver, setzt auch auf fallende Kurse und nutzt im Gegensatz zu Buffett Hebelprodukte und Fremdkapital. Weltweite Bekanntheit erlangte Soros 1992 als er über seinen Quantum Fonds und unter Einsatz von Fremdkapital 10 Milliarden GBP verkaufte und somit auf eine Abwertung des Pfunds spekulierte. Zu diesem Deal tauschte er hauptsächlich D-Mark und Französischen Franc gegen Britisches Pfund.

Benjamin Mudlack, Bankkaufmann und Dipl. Wirtschaftsinformatiker
„Soros agiert wesentlich aggressiver, setzt auch auf fallende Kurse und nutzt im Gegensatz zu Buffett Hebelprodukte und Fremdkapital.“ Benjamin Mudlack

Im weiteren Verlauf waren die Zentralbanken gezwungen ihre Interventionspolitik aufzugeben und haben kein Pfund mehr gekauft, um die Währung zu stützen. Das Geschäft ging auf und innerhalb einer Woche fuhr der Quantum Fonds einen Gewinn von circa 1 Milliarde USD ein. Das Soros nicht sonderlich zimperlich und auch vor Insiderhandel nicht zurückgeschreckt, belegt eine Verurteilung 2006 durch ein französisches Gericht. Man konnte ihm bei Transaktionen mit der französischen Großbank Société Générale aus dem Jahr 1988 Insidergeschäfte nachweisen. Derartige fragwürdige Geschäftspraktiken werden Sie bei Warren Buffett nicht erkennen können.

Wirtschaftsforum: Sowohl Buffett als auch Soros lassen große Summen ihres Vermögens in Stiftungen und wohltätige Zwecke fließen. Große Gesten oder hartes Kalkül?

Benjamin Mudlack: Das ist sehr schwer zu beurteilen. Stifter sind nicht per se Gutmenschen, sondern ihnen geht es unter Umständen vielmehr darum, Steuern zu sparen, ihr Image zu verbessern oder auch an Einfluss zu gewinnen. In Deutschland können Sie beispielsweise den gestifteten Betrag auf zehn Jahre abschreiben und so ihr Einkommen, welches Sie als natürliche Person zu versteuern haben, über diesen Zeitraum entsprechend reduzieren. Des Weiteren kann man die Steuerverwendung im Rahmen der Gesetze selbst wählen, in dem man sie dem Stiftungszweck über die eigens gegründete Stiftung zuführt. Warren Buffett hat einen erheblichen Teil seines Vermögens in die Bill & Melinda Gates Foundation übertragen. Diverse weitere Stiftungen haben Zuwendungen von Buffett erhalten. Wie philanthropisch diese Aktionen tatsächlich sind, kann ich nicht seriös beurteilen.

Benjamin Mudlack, Bankkaufmann und Dipl. Wirtschaftsinformatiker
„Stifter sind nicht per se Gutmenschen, sondern ihnen geht es unter Umständen vielmehr darum, Steuern zu sparen, ihr Image zu verbessern oder auch an Einfluss zu gewinnen.“ Benjamin Mudlack

George Soros tritt seit den 1970er-Jahren als großzügiger Spender in Erscheinung. Dem Vernehmen nach hat Soros rund 18 Milliarden USD und somit einen großen Teil seines Vermögens an die von ihm gegründete Open Society Foundation übertragen. Ihm werden über die Jahrzehnte diverse politische Einflussnahmen nachgesagt und sind auch teilweise nachgewiesen. Sein durchaus kompliziertes Stiftungsgeflecht lässt sämtliche Transparenz vermissen. Von daher ist das von Ihnen angesprochene harte Kalkül ein Szenario mit hohen Wahrscheinlichkeiten. Man sollte genau hinschauen und sich nicht zwingend von dem Zusatz Stiftung blenden lassen, auch wenn Stiftungen in Deutschland einen wichtigen Zweck erfüllen und eine enorme Bedeutung haben.

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