Finanzwelt erklärt: Die Zeche für einen Handelskrieg bezahlen wir
Teil 19: Die Zeche für einen Handelskrieg bezahlen wir
Wirtschaftsforum: Herr Mudlack, aktuell erleben wir einen Handelsstreit zwischen den USA und China, dessen Ende vollkommen offen ist. Inwiefern wird hier Wirtschaft als Konfliktfeld missbraucht oder macht diese politische Strategie sogar für beide Parteien Sinn?
Benjamin Mudlack: Zunächst gilt festzuhalten, dass am Ende des Tages der Verbraucher/Konsument derjenige ist, der einen höheren Preis zu zahlen hat. Protektionistische Maßnahmen gehen somit immer zu Lasten des Wettbewerbs, führen zu höheren Preisen und belasten die Bürger. Natürlich schützen sie auch die jeweiligen Branchen und die Personen, die diesen Sparten zugehörig sind. Aber eine nachhaltige Politik ist das nicht, das hat die Geschichte gezeigt. Im Juni 1930 trat das sogenannte Smoot-Hawley-Gesetz in den USA in Kraft. Zölle auf über 800 ausländische Produkte wurden erhöht. Andere Länder zogen nach und der Welthandel brach binnen weniger Monate zusammen. Das hatte fatale Folgen für die Exportnationen, mündete in der großen Depression und endete mit dem 2. Weltkrieg. Sinn macht der aktuelle Konflikt folglich nur, wenn man ihn dazu nutzt, den Freihandel gerecht zu verhandeln. Ein Handelskrieg ist eine Sackgasse. Internationaler Handel ergibt Sinn! Jede Volkswirtschaft sollte das produzieren und anbieten, was sie qualitativ und quantitativ besonders gut beherrscht und zu international konkurrenzfähigen Preisen anbieten kann.
„Sinn macht der aktuelle Konflikt folglich nur, wenn man ihn dazu nutzt, den Freihandel gerecht zu verhandeln. Ein Handelskrieg ist eine Sackgasse.“ Benjamin Mudlack
Wirtschaftsforum: Wenn die USA und China sich streiten, freut sich der Dritte. Ist der Dritte in diesem Fall Deutschland beziehungsweise haben wir tatsächlich Grund zur Freude?
Benjamin Mudlack: Die Absicht von Trump ist die eigene Wirtschaft zu schützen. Derzeit ist noch nicht genau klar, inwieweit unsere Unternehmen davon betroffen sind. Daher fällt es schwer, ihre Frage abschließend zu beantworten. Ich bin wahrlich kein Anhänger von Präsident Trump, dennoch ist mir die Berichterstattung in unserem Land teilweise zu einseitig und zu undifferenziert. Der Vorwurf, den Trump den Europäern beziehungsweise der EU macht, dass sie sich selbst durch Schutzzölle abschottet, der trifft zu. Deutsche Autos werden in den USA beispielsweise mit 2,5% Einfuhrzoll belegt. Amerikanische Autos hier in Europa jedoch mit 10%. Insofern kann ich seine Aufregung und eine gewisse Ungerechtigkeit an der Stelle schon verstehen. Die Abschottungspolitik seitens der EU trifft insbesondere auf den Agrarsektor zu. Die massiven Zölle führen dazu, dass unsere Agrarpreise im Schnitt circa 20% über den Weltmarktpreisen liegen – zum Nachteil von uns Verbrauchern. Importiertes Rindfleisch wird zum Beispiel mit 69% Steuer belastet und Schweinefleisch mit 26%.
Sie sehen, die EU ist extrem protektionistisch ausgerichtet und diese Zahlen sind das Ergebnis einer enormen Lobbypolitik. Leider wird das in der öffentlichen Diskussion nahezu komplett ausgeblendet und so erhalten wir ein verzerrtes Bild. Die Einfuhrzölle sind elementarer Bestandteil des EU-Haushaltes, das darf man nicht vergessen. Ein Abbau dieser Zölle würde Ihnen, mir und allen Bürgern in unserem Lande enorm helfen und unseren Lebensstandard signifikant steigern. Aus meiner Sicht sollte man diese Diskussion und die berechtigten Punkte Trumps nutzen, um im Sinne aller Beteiligten, insbesondere der Verbraucher in Europa, die Konfliktpunkte und Handelsbeschränkungen neu und gerecht zu verhandeln.
Um auf Ihre Frage zurückzukommen und ein persönliches Urteil zu fällen, sehe ich keinen Grund zur Freude. Gerade Deutschland als große Exportnation profitiert von der Globalisierung und dem internationalen Freihandel. Diese Position ist durch einen aufkeimenden Protektionismus stark gefährdet.
„Der Vorwurf, den Trump den Europäern beziehungsweise der EU macht, dass sie sich selbst durch Schutzzölle abschottet, der trifft zu.“ Benjamin Mudlack
Wirtschaftsforum: Protektionistische Aktionen gab es wie von Ihnen erwähnt in der Historie schon viele. Damit war immer auch ein Börsenbeben verbunden. Wie verhalten sich Anleger in einer solchen Phase richtig?
Benjamin Mudlack: Anleger und Investoren sind gut beraten nicht nur auf steigende Kurse zu setzen. Sie sollten das Aktienportfolio gegen Kursverluste absichern. Das kann man einfach mit sogenannten inversen ETFs (oder auch Short-ETF genannt) umsetzen, die es teilweise sogar gehebelt gibt, sodass man nicht so viel Kapital zur Absicherung zu binden hat. Diese inversen ETFs gewinnen dann an Wert, wenn der jeweilige Index fällt. Ein Short-ETF auf den DAX profitiert folglich, sobald der DAX fällt. Die Kursverluste des „normalen“ und auf steigende Kurse ausgerichteten Portfolios werden durch den Gewinn in dem Absicherungsinstrument ausgeglichen. Kommt es zu einem dramatischen Crash, kann man die Gewinne im Short-ETF realisieren und mit diesen Mitteln dann die Positionen im Long-Portfolio verbilligen, indem man günstig nachkauft. Ansparpläne sollte man logischerweise gerade in Zeiten günstigerer Börsenkurse fortführen beziehungsweise idealerweise sogar erhöhen, um nach erfolgter Bodenbildung und darauffolgendem Anstieg der Märkte überproportional profitieren zu können.
„In jedem Fall haben wir aktuell eine Phase der extremen Unsicherheit/Nervosität. Die Märkte schwanken derzeit enorm und sind technisch angeschlagen.“ Benjamin Mudlack
Natürlich kann man sein Aktienportfolio auch aktiv managen, indem man es mit engen Verlustbegrenzungs-Stopps absichert. Das ist dann jedoch ziemlich zeitaufwändig und für die meisten Menschen nicht praktikabel. In jedem Fall haben wir aktuell eine Phase der extremen Unsicherheit/Nervosität. Die Märkte schwanken derzeit enorm und sind technisch angeschlagen. Die Wahrscheinlichkeiten eines Bärenmarktes haben sich im Vergleich zum letzten Jahr erhöht und die Notwendigkeit der Absicherung oder des aktiven Managements ist größer denn je.